Bozener Bürgermeister wirft das Handtuch

Bozens Bürgermeister Luigi Spagnolli ist Donnerstagabend zurückgetreten. Als letzte Amtshandlung versuchte er, den Weg für das Kaufhausprojekt von René Benko zu ebnen, das Dauerstreitthema im Gemeinderat war.

Bürgermeister Luigi Spagnolli (Demokratische Partei Südtirols) und sein Vize Klaus Ladinser (SVP) erklärten am Donnerstagabend ihren Rücktritt. Sollte keine neue Stadtregierung gebildet werden können, bekommt Bozen einen Verwalter und Neuwahlen im kommenden Jahr. Die Opposition zeigte sich in ersten Reaktionen überrumpelt und übte heftige Kritik an den Rücktritten.

Unterstützung für Langzeitbürgermeister schwand

Spagnolli war seit 2005 Bürgermeister. Im vergangenen Mai war erstmals eine Stichwahl notwendig, um im Amt bestätigt zu werden. Seine Regierung aus mehreren Parteien erhielt eine hauchdünne Mehrheit und scheiterte schließlich bei ersten Abstimmungen. Nach wochenlangen Diskussionen kam Spagnolli mit seinem Rücktritt Misstrauensanträgen im Gemeinderat zuvor. Er hätte am Donnerstagabend über zwei derartige Anträge von Oppositionsparteien abstimmen sollen.

Benko-Projekt als unüberwindbare Hürde

Am heftigsten diskutiert war das Kaufhaus-Projekt im Zuge der Neugestaltung des Areals am Busbahnhof des Tiroler Immobilieninvestors Rene Benko. Dagegen gab es nicht nur Widerstand lokaler Wirtschaftstreibender, sondern auch mehrerer Gemeinderatsfraktionen. Unter anderem deswegen war eine Koalition mit den Grünen unmöglich, eine breitere Basis im Gemeinderat scheiterte.

Als eine seiner letzten Amtshandlungen unterschrieb Spagnolli am Donnerstagabend ein Dekret, durch das das umstrittene Kaufhausprojekt Benkos wieder möglich werden könnte. Damit befasst sich erneut die sogenannte Dienststellenkonferenz mit dem Projekt, das mit Änderungen dann genehmigt werden könnte.

In der Freitagausgabe der Tageszeitung „Dolomiten“ wurde Grünen-Chefin Brigitte Foppa zitiert, dass es damit „nur Verlierer“ gebe. Der Chef des „Projektes Bozen“, Rudi Benedikter sprach von einem „klaren Putsch“ und einer „Bloßstellung“ des Gemeinderates.

Erstmals Stichwahl nach zehn Jahren im Amt

Spagnolli hatte sich bei der Stichwahl im Mai mit 57 Prozent durchgesetzt. Es war das erste Mal, dass er sich einer Stichwahl stellen hatte müssen. Seine letzte Stadtregierung war im vergangen Juni erst im zweiten Anlauf gewählt worden, nachdem zahlreiche Oppositionsparteien der Wahl ferngeblieben waren. In Bozen verteilen sich die 45 Sitze im Gemeinderat auf 18 Parteien. Die bisherige, unter Beteiligung der SVP regierende Koalition Spagnollis verfügte nur über 19 Sitze.

Der Gemeinderat kann nun versuchen, innerhalb eines Monates eine neue Stadtregierung zu bilden. Scheitert dies, ist ein Kommissar bis zu Neuwahlen für die Stadtführung verantwortlich.

Details des Projektes

Das von der Signa-Holding initiierte 350 Millionen Euro teure Projekt in Bozen inklusive Hotel, Wohnungen, Büros und Kaufhaus umfasst 259.385 Kubikmeter, davon 197.000 neu bebauter Raum - mehr dazu in Benko setzt sich in Bozen durch. Der Rest sind die Volumina bereits bestehender Gebäude wie das Garibaldihaus, Telecom-Gebäude, die alte Handelskammer oder das Hotel Alpi. Das Projekt wird von der 2013 gegründeten KHB GmbH vorangetrieben. Sie ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Signa Prime Selection und hat in Bozen ihren Rechts- und Steuersitz.