Agrar-Sonderlandtag belastet Koalition

Der von den Grünen geforderte Sonderlandtag zum Thema Agrargemeinschaften wird nun auch von der SPÖ unterstützt. Dies erklärte SPÖ-Vorsitzender Gerhard Reheis. Die ÖVP kritisierte ihren Koalitionspartner für den „unbegreiflichen Einschwenk auf die Linie der Opposition“.

Auch ein Gesetz zur Rückführung des Eigentums von Gemeindegut-Agrargemeinschaften an Gemeinden hält die SPÖ für denkbar, erklärte Klubobman Hans-Peter Bock am Donnerstag in Innsbruck. Wenn es verfassungsrechtlich möglich ist, sei eine Rückübertragung von ehemaligem Gemeindegut an die Gemeinden durch eine Gesetzesnovelle vorstellbar, sagte SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stv. Gerhard Reheis.

Gründe für langes Zuwarten

Dass die SPÖ erst jetzt Schritte setze, begründeten Bock und Reheis damit, erstens höchstgerichtliche Erkenntnisse abzuwarten und zweitens der Agrarbehörde die Gelegenheit zu geben, auf Basis des Flurverfassungsgesetzes die Rückübertragung des Grundeigentums an die Gemeinden durchzuführen.

„Allerdings hat man den Eindruck gewonnen“, sagte Gerhard Reheis, „dass die Rechtswege zum Zeitschinden und zum Aussitzen ausgenützt wurden zugunsten der Agrarfunktionärslobby. Da meine ich nicht die aktiven Bauern, sondern da meine ich die Agrarfunktionäre, die zum Teil schon keine Bauern mehr sind“, so der SPÖ-Chef.

SPÖ hat Thema „vorgezogen“

Reheis verwies darauf, dass man nun in der SPÖ endlich Taten sehen wolle. Eigentlich hätte man das Thema Agrargemeinschaften nach der Wahl per Gesetzesänderung erledigen wollen. Da nun aber die Opposition mit dem Antrag auf einen Sonderlandtag vorgeprescht sei, wolle man sich dieser Diskussion nicht verschließen.

Und man werde auch den Antrag auf ein Gesetz zur Rückübertragung des Gemeindeeigentums unterstützen. „Der Landtagsklub hat sich entschieden, dass wenn dieser Antrag gesetzeskonform wäre, wir diesen dann auch unterstützen würden. Aber wir haben ihn noch nicht vorliegen und daher werden wir ihn uns sehr genau anschauen“, führte Klubobmann Hans-Peter Bock aus.

Doch um die Gesetzesnovelle überhaupt zu ermöglichen, ist eine Zweidrittelmehrheit - und damit ÖVP-Stimmen - notwendig. Die ÖVP sei dafür nicht zu haben, hatte sie bereits im Vorfeld klargestellt.

ÖVP sieht Wahlkampfstrategie

Scharfe Kritik am Kurs der SPÖ kam am Donnerstag von der ÖVP. Der Schwenk des Regierungspartners auf die Oppositionslinie sei unbegreiflich und falsch, erklärte Landtagsabgeordneter Jakob Wolf (ÖVP). Ein Verfassungsrechtler habe in einem Gutachten festgestellt, dass eine Rückübertragung an die Gemeinden nicht möglich sei. Die Agrarbehörde arbeite sorgfältig und gewissenhaft. Wenn z.B. eine Gemeinde ein Rechtsmittel ergreife, sei dies zu akzeptieren, so Wolf weiter.

Die Opposition wolle jetzt eine Regelung beschließen, die weder vom Verfassungsgerichtshof verlangt wurde, noch zur Lösung des Problems beitrage. Dass jetzt auch Regierungspartner SPÖ in diese Linie einschwenke, sei nur mit der Landtagswahl zu erklären, erklärte der ÖVP-Abgeordnete in einer Aussendung.

ÖVP-Klubobmann Josef Geisler sagte am Donnerstagabend in „Tirol heute“, die SPÖ sei vom gemeinsamen Weg abgewichen. Man werde nun Gespräche führen, wie es weitergehe. Auf Nachfrage sagte Geisler, dass es sich „natürlich um einen Koalitionsbruch“ handle. Aber „ein Seitensprung heißt ja nicht gleich, dass die Scheidung vollzogen wird.“

Kein Problem für Koalition?

Ihre Zustimmung zu einem entsprechenden Gesetz ist für die SPÖ kein Verstoß gegen das Koalitionsabkommen mit der ÖVP. Die „unverzügliche“ Lösung des Problems Agrargemeinschaften sei Teil des Koalitionsabkommen, fünf Jahre – so lang besteht die Koalition – seien nicht „unverzüglich“, sagten die SPÖ-Politiker. Die Opposition hat angekündigt, den Antrag für den Sonderlandtag am Freitag einzubringen - mehr dazu in Sonderlandtag zum Thema Agrar fix.

Die ÖVP ist gegen einen Sonderlandtag und hält eine Rückübertragung gesetzlich nicht für möglich. Eine Unterstützung eines entsprechenden Gesetzes durch die SPÖ war im Vorfeld von ÖVP Klubobmann Josef Geisler als Koalitionsbruch gewertet worden.

Weitere Reaktionen

Die Liste Fritz steht der neuen SPÖ-Linie skeptisch gegenüber. „Allein entscheidend ist, ob die SPÖ für das Gesetz zur Rückübertragung des Gemeindegutes stimmt oder weiterhin gegen die Rückübertragung ist. Die Nagelprobe für die SPÖ heißt ´Gesetz im Landtag umsetzen, nicht im Landtagsausschuss aussetzen`!“ hieß es in einer Aussendung Dinkhausers.

Der BürgerKlub Tirol von Fritz Gurgiser erklärte, die geforderte Rückübertragung werde nicht so leicht möglich sein.