Wiedersehen nach Lawinenkatastrophe in Galtür

Nach der verheerenden Lawine in Galtür ist am 24. Februar 1999 eine zweite Lawine im Nachbarweiler Valzur abgegangen. Der vierjährige Alexander konnte damals gerettet werden, jetzt traf er sich wieder mit seinem Retter.

Alexander Walter ist heute 24 Jahre alt, er arbeitet im IT-Bereich. An die Lawine in Valzur, die ihn beinahe das Leben kostete, kann er sich nicht erinnern. Als Vierjähriger wurde er damals in seinem Elternhaus von der Lawine verschüttet, ein Suchhund fand den Buben unter einer Treppe. Als ihn die Retter bargen, hatte er nur mehr 31 Grad Körpertemperatur. Seine Familie wurde nicht verschüttet.

Walter Strolz und Alexander Walter

ORF/Waldegger

Walter Strolz und Alexander Walter hatten sich nach all den Jahren viel zu erzählen. Interviews hatten beide in den letzten Jahren vermieden.

An die Lawine kann sich Alexander Walter nur bruchstückhaft erinnern. Er stand gerade mit seinem Bruder im Hausflur in der Nähe der Haustür. Dann hörte er seine Mutter schreien, berichtete der heute 24-Jährige. Alexander war dann bewusstlos, er kann sich dann erst wieder an das Aufwachen im Sportzentrum Galtür und an das Aufwachen im Krankenhaus in Landeck am nächsten Tag erinnern.

Ein kleines Wunder

Die Rettung des vierjährigen Alexanders war ein kleiner Lichtblick inmitten der Katastrophe. 38 Menschen kamen damals ums Leben.

Eingebrannte Erinnerungen für Retter

Walter Strolz kann sich an den 24. Februar 1999 erinnern, als wäre es gestern gewesen, berichtete der Hubschrauberpilot. Er flog den vierjährigen Alexander damals unter schwierigen Bedingungen im Schneefall und in der beginnenden Dunkelheit aus. Zuvor war er bereits stundenlang im Hilfseinsatz bei der Lawine in Galtür.

Als er den Funkspruch mit der zweiten Lawine in Valzur hörte, war er gerade am Heimweg in sein Hotel. Mit seinem Kollegen von der Polizei entschloss er sich zu dem Flug nach Valzur. Der 56-Jährige musste damals schnell entscheiden. Als Alexander gefunden wurde, entschlossen sich die beiden, den Flug nach Galtür zur medizinischen Versorgung zu riskieren - und das hatte sich gelohnt, berichtete Strolz mit Blick auf Alexander.

Von dem Moment, in dem die zweite Lawine abging, berichtete Strolz auch in der ORF-Dokmentation „Galtür - Chroniken einer Katastrophe“.

Der Rettungsflug damals war schwierig, nur langsam kam Walter Strolz mit dem Hubschrauber voran. Das Gelände kannte er von den vorherigen Einsatzflügen bereits sehr gut, so konnte er Alexander nach Galtür bringen. Dort wurde der Bub medizinisch versorgt, ab Mitternacht war er bereits wieder ansprechbar. Einen Tag später wurde er ins Krankenhaus nach Landeck gebracht.

Platzangst als Folge

Alexander überstand die Katastrophe gut. Ein richtiger Winterfan sei er aber nicht, erklärte er im Gespräch mit Walter Strolz und ORF Tirol. Wie jeder andere Bub habe er Skifahren gelernt und sei auch Skifahren gegangen. In einem Winter wie heuer, in dem sehr viel Schnee in kurzer Zeit gefallen ist, fühle er sich aber nicht wohl.

Auch Platzangst habe er seit damals in engen Räumen. Aber, erklärte Alexander Walter, solange es nur das sei, könne er super damit leben. Er sei aber froh, dass er damals sehr jung war und sich deshalb nicht so gut an die Katastrophe erinnern könne.

Walter Strolz und Alexander Walter

ORF/Waldegger

Auch einen der derzeitigen Einsatz-Hubschrauber von Walter Strolz sah sich Alexander an

Wiedersehen nach 15 Jahren

Walter Strolz und Alexander Walter begegneten sich zuletzt vor über 15 Jahren. In den ersten Jahren traf sich Strolz immer wieder mit der Familie von Alexander, dann verlor sich der Kontakt. Für das ORF-Interview sahen sich die zwei am Hubschrauberstützpunkt in Innsbruck wieder. Die Freude über das Wiedersehen war bei beiden groß. Er sei sehr froh, dass er jetzt den 24-jährigen Alexander kennen lernen dürfe, damals sei er ja sehr klein gewesen, zeigte sich Walter Strolz glücklich über das Treffen.

Dem stimmte auch Alexander zu. Unterm Strich seien sie alle froh, dass es so ausgegangen sei, erklärte der 24-Jährige. „Es hätte viel schlimmer ausgehen können. Aber zum Glück hat es Leute wie den Walter gegeben, die da waren und uns geholfen haben.“

Was damals geschah

Anhaltende Schneefälle führten am 23. Februar 1999 zu einer Katastrophe im Paznauntal. Ein Lawinenabgang in den Nachmittagsstunden in Galtür verschüttete dutzende Menschen. Nur einen Tag später ging eine weitere Lawine auf den kleinen Weiler Valzur ab. Die zwei Lawinen forderten insgesamt 38 Menschenleben. In Galtür waren sechs Einheimische und 25 Urlauber betroffen. Die ausländischen Opfer stammten aus Deutschland, den Niederlanden und Dänemark.

Die Aufräumarbeiten mit Unterstützung des Bundesheeres dauerten mehrere Wochen - mehr dazu in 20 Jahre nach Lawinenkatastrophe im Paznaun. Noch im Sommer 1999 wurden in dem rund 1.600 Meter hoch gelegenen Tourismusort umfangreiche Lawinenverbauungen in Angriff genommen. Zwei 104 bzw. 360 Meter lange und bis zu zwölf Meter hohe Dämme aus Naturstein wurden errichtet. Insgesamt wurden in Galtür zehn Millionen Euro in den Lawinenschutz investiert.

Viktoria Waldegger; tirol.ORF.at