Aldo Sohm - Tiroler Sommelier mit Weltruf

In der internationalen Welt der Spitzenweine führt an dem Inzinger Aldo Sohm kein Weg vorbei. Der Sommelierweltmeister wanderte vor 14 Jahren nach New York aus. Dort machte der 47-Jährige Karriere.

155 West, 51st Street, also mitten im teuersten Teil von Manhattan hat Aldo Sohm seinen Traum wahr gemacht: Er gehört zur absoluten Weltspitze unter den Weinexperten. Sein Arbeitsplatz ist das französische Restaurant „Le Bernardin“, aktuell eines von nur fünf Restaurants in New York mit der Michelin-Guide-Höchstbewertung von drei Sternen. Im Ranking der besten Restaurants der Welt liegt es auf Platz 17.

Le Bernardin

Daniel Krieger

Das „Le Bernardin“ gehört zu den zwanzig besten Restaurants der Welt

Wein-Direktor und Barbesitzer

Aldo Sohm ist Wine Director des “Le Bernardin“. Wenige Meter weiter führt er seit vier Jahren zusätzlich noch seine eigene „Aldo Sohm Wine Bar“. Millionäre und Milliardäre lassen sich von Aldo Sohm bei der Ausstattung ihrer Weinkeller beraten, mit einigen von ihnen ist der Tiroler sogar privat befreundet. Auch internationale Stars gehören mittlerweile zu seinem Freundeskreis. Die „New York Times“ oder „Die Zeit“ widmen Aldo Sohm große Reportagen. Der Inzinger hat es geschafft.

Aldo Sohm

ORF/Sybille Brunner

Aldo Sohm in seiner Weinbar in New York

Start mit vielen Hürden in den USA

Den Weg von Inzing in die US-Metropole trat Aldo Sohm 2004 an. Es war kein leichter Weg, wie er erzählt. „Ich war in Österreich zwar schon einigermaßen erfolgreich. In New York zählt das aber nicht. Du kommst, willst ein Bankkonto eröffnen, geht aber nicht, weil du noch kein Einkommen hast. Ohne Bankkonto kannst du aber auch keine Wohnung mieten und auch kein Telefon anmelden. Die Katze beißt sich ständig in den Schwanz. Ein Jahr lang hatte ich das Gefühl, in einem Laufrad zu sein, das sich immer schneller dreht.“

Mit Unterstützung eines US-österreichischen Gastronomen fasste Aldo Sohm schließlich Fuß in New York. Dann kam das Angebot des „Le Bernardin“. 18 Monate wollte Aldo Sohm ursprünglich in New York bleiben. 14 Jahre sind es bereits geworden. „Mein Rat an die jungen Tirolerinnen und Tiroler: Probiert doch einmal selbst aus, wie es ist, irgendwo Ausländer zu sein und sich etablieren zu müssen. Das ist lehrreich und erweitert den Horizont ungemein“ sagt Aldo Sohm im Interview, das wir mit ihm in seiner Weinbar führen.

Aldo Sohm

Daniel Krieger

80 Stunden pro Woche für die Arbeit

Zwischen der eleganten Bar mit Luxus-Wohnzimmer-Atmosphäre und dem vornehmen „Le Bernardin“ mit New Yorker Upper-class-Klientel läuft Aldo Sohm wohl 50 Mal am Tag hin und her. Meistens mit dem Handy am Ohr. Einladungen zu Verkostungen müssen angenommen oder abgelehnt werden, Personalentscheidungen müssen gefällt, Weine gekauft werden. Aldo Sohm bringt allein im „Le Bernardin“ pro Jahr Weine um viele Millionen Dollar an die Gäste. 15.000 Flaschen lagern im Keller.

Aldo Sohm lebt mit seiner nicaraguanischen Lebensgefährtin im New Yorker Stadtteil Brooklyn. „Ich arbeite mindestens 80 Stunden pro Woche. Am Sonntag muss ich abschalten. Viele in New York lassen sich von der überwältigenden Energie der Stadt aussaugen. Irgendwann schaffen sie es nicht mehr, sie nehmen Drogen, um die Belastung auszuhalten. Ich habe vor vier Jahren angefangen, Rennrad zu fahren. 100 bis 180 Kilometer mache ich jeden Sonntag. Ich brauche das – auch wenn meine Freundin manchmal nicht so begeistert ist“, sagt Aldo Sohm mit einem Augenzwinkern.

Aldo Sohm

ORF/Sybille Brunner

In seiner Weinbar darf Aldo Sohm regelmäßig namhafte Persönlichkeiten begrüßen

„Irgendwer ist immer ein Ausländer“

Leben in einer Stadt, die der kulturelle Schmelztiegel der Welt ist – den Inzinger hat das zu einem Menschen gemacht, der für Fremdenhass, Abschottung und Ausgrenzung kein Verständnis aufbringt. „Dieses Denken ist mir fremd. Irgendwer ist immer irgendwo der Ausländer. Was spielt es für eine Rolle, ob ich Spanier bin, Türke, Argentinier oder Chinese? Alle haben gute und schlechte Eigenschaften, wir selbst doch auch, seien wir uns ehrlich.

In New York bist du als Österreicher nichts Besonderes, du bist wie alle anderen auch und musst dich durchsetzen. Jeder sollte immer einen Schritt auf den anderen zugehen, dann funktioniert das. Und wenn ich die Engstirnigkeit gehabt hätte, die manche in meiner Heimat haben, dann wäre ich nie dorthin gekommen, wo ich heute bin.“

Aldo Sohm

ORF/Sybille Brunner

ORF Tirol-Reporterin Sybille Brunner hat Aldo Sohm im Zuge einer USA-Reise besucht

An Rückkehr nach Tirol denkt er nicht

Aldo Sohm liebt seine Heimat, doch er sieht auch, welche Diskussionen es gibt. Dass er jemals wieder ganz nach Tirol zurückgeht, daran glaubt er nicht. Eine „Zweistaatenlösung“ werde es für ihn wohl auf Dauer geben.

Ein ständiger Begleiter ist auch der Zeitdruck. „In New York musst du ständig dranbleiben. Es gibt sonst immer irgendwo einen, der besser und schneller ist als du“ sagt Aldo Sohm. Die ORF-Fernsehsendung „Tirol heute“ schaut er übrigens auch im Big Apple regelmäßig. Weil: „Ein Tiroler werde ich immer bleiben.“

Sybille Brunner, tirol.ORF.at

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