Medientag: Pressefreiheit in Gefahr

In Polen und Ungarn gibt es laut Experten keine Pressefreiheit mehr. Auch in Deutschland oder Österreich werde daran gesägt. Über die Gefahr für unabhängige Medien durch den politischen Rechtsruck diskutierten Experten in Innsbruck.

Vor hundert Jahren wurde in Österreich die Pressefreiheit eingeführt, und damit freie Äußerung von Information und Meinung unabhängig vom staatlichen Interesse gesetzlich verankert. Bereits in den 1930er Jahren war damit wieder Schluss, als Hitler die freien Medien zu Propagandakanälen umfunktionierte. Damals wurde Demokratie zur Diktatur. Heute lassen sich in Europa wieder ähnliche Tendenzen beobachten, berichtete Nina Horaczek, die Chefreporterin der Wochenzeitung Falter, beim gestrigen Medientag an der Uni Innsbruck.

Propaganda statt Presse und freiem Rundfunk

„In Ungarn und Polen haben die Regierungen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk völlig übernommen,“ berichtete Horaczek von ihrer Arbeit mit einem internationalen Rechercheteam. Kritische Journalisten seien auf der Straße gelandet, der Staatsfunk betreibe Propaganda. So hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk Ungarns heuer etwa berichtet, „dass die deutsche Stadt Essen in Fasten umbenannt werden muss, weil so viele Muslime in Deutschland leben,“ erzählte die Reporterin von einer erfundenen Geschichte.

Medientag Uni Innsbruck

ORF

Nina Horaczek ging mit einem Team der Pressefreiheit in Europa auf den Grund

Auch die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist dort, anders als in Österreich, nicht über Gebühren, sondern über den Staat geregelt. In Polen verfügt dieser allein über das Budget und „bestimmt auch, welche Medien Werbeverträge erhalten und welche nicht,“ bestätigte die Medienwissenschaftlerin Agnieszka Szymanska beim Medientag.

Europaweites Phänomen

Horaczek fand mit ihrem Team heraus, dass es solche Tendenzen auch in anderen EU-Ländern gebe. In Dänemark kürzte der Staat das Budget des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gleich nach Abschaffung der Gebühren um ein Fünftel. In Frankreich habe die große Bandbreite extrem rechter Medien neben vielen Fans sogar einen eigenen Namen: Fachosphère. Der neue Chef der italienischen RAI sei nun Marcello Foa, ein Freund Salvinis und ein Gegner von Mainstream-Medien sowie Homosexuellen, so Horaczek.

In Deutschland sei die AfD zwar Oppositionspartei, erklärte die Reporterin, aber man merke, dass sie sehr viel von der FPÖ und deren Plattformen lernt. „Es gibt online zB. AfD TV, die versuchen wie die FPÖ eine Mediengegenmacht aufzubauen und so Leute zu beeinflussen.“ Generell herrsche zwischen den rechtsorientierten österreichischen und deutschen Medien ein reger Austausch.

Medientag Uni Innsbruck

ORF

An der Uni Innsbruck wurde das Thema Pressefreiheit mit Experten diskutiert

Gezielte Strategie

Prinzipiell nutzen auch andere Parteien die Medien, seien aber viel weniger erfolgreich als die rechtsextremen, betonte Horaczek. Die Strategie sei in jedem Land dieselbe: „Man baut sich eine eigene Propagandawelt, in der vor allem die Parteien der extremen Rechten ihre Inhalte trommeln. Dann bringen sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk unter Kontrolle, verleumden kritische Medien, drehen den Geldhahn zu, machen mit Fake News Propaganda und schüren Ängste in der Bevölkerung."

Eine marode Pressefreiheit bedeute oft das Ende der Demokratie, darin war man sich beim Medientag einig. In Österreich müsse die Demokratie als „Kit der Gesellschaft" unbedingt gewahrt bleiben, sagte Clemens Pig von der Austria Presse Agentur. Hier gelte es neben den Internetusern auch die Politik, Medienschaffende und die Betreiber Sozialer Netzwerke in die Pflicht zu nehmen. Horaczek plädierte ähnlich: „Eine Demokratie braucht informierte Bürgerinnen und Bürger. Das ist unsere Aufgabe als Journalisten. Wenn du wählen gehst, solltest du wissen, wen du wählst.“ Dazu brauche es kritische Medien, die ihren Job machen und sich nicht fürchten, so Horaczek.

Julia Ecker; tirol.orf.at

Links: