Schulreform sorgt für Diskussionen

Seit Montag sind Eckpunkte der Bildungsreform bekannt. Betroffen davon sind vor allem die Pflichtschulen. Bildungsexperten können den Plänen wenig abgewinnen. Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) sieht Vor- und Nachteile.

Zwei Jahre sind seit der letzten Bildungsreform vergangen, jetzt soll es wieder eine neue geben. Am Montag hat Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) erste Inhalte der Schulreform präsentiert. In den Volksschulen soll es ab der zweiten Klasse wieder Ziffernnoten geben - gleichzeitig wird verpflichtend zusätzlich eine alternative Beurteilung vorgeschrieben. Weitere Änderungen in der Volksschule: Ab der zweiten Klasse können Schüler wieder sitzenbleiben (derzeit erst ab der vierten Klasse). Das sorgt auch in Tirol für Kritik.

Sitzenbleiben nicht mehr sinnvoll

„Sitzenbleiben ist international nicht mehr als sinnvoll angesehen“, sagt Michael Schratz, Bildungsexperte an der Universität Innsbruck.
Es sei wertvolle Zeit, die Kindern genommen wird. Wenn man sich nur auf die Schwächen der Schüler beziehe und nicht auf die Stärken in anderen Bereichen, würden Potentiale nicht genützt.

Ein freiwilliges Extra-Jahr könne laut Tirols Bildungslandesrätin Beate Palfrader pädagogisch durchaus Sinn machen. Es gebe dazu aber noch zu wenige Details.

An alternativer Leistungsbeurteilung festhalten

Palfrader gilt als Befürworterin der alternativen Leistungsbeurteilung. Nach dem Pädagogikpaket, das ihr Parteikollege, Bildungsminister Heinz Faßmann verantwortet, soll es aber ab der 2. Klasse Volksschule wieder Ziffernnoten geben.

„Wir haben in Tirol eine sehr, sehr hohe Akzeptanz bei der alternativen Beurteilung erreicht“, unterstreicht Palfrader. Während im Schuljahr 2016/17 rund 260 Klassen diese Variante gewählt hätten, waren es im darauffolgenden Jahr bereits 460. Das zeige, dass Lehrer und Eltern davon überzeugt seien. „Ich würde mir wünschen, dass wir hier zumindest die ersten zwei vollen Schulstufen mit der alternativen Leistungsbeurteilung fahren können“.

Neues Notensystem in der Mittelschule

An den Neuen Mittelschulen (NMS) - sie werden künftige nur Mittelschulen heißen - soll es ab der sechsten Schulstufe (2. Klasse) zwei unterschiedliche Leistungsniveaus („Standard“ und „Standard-AHS“) geben. Diese lösen die bisher ab der siebenten Schulstufe bestehende Differenzierung in „grundlegende Allgemeinbildung“ und „vertiefende Allgemeinbildung“ ab. Die siebenteilige NMS-Notenskala wird zwar abgeschafft, an ihre Stelle treten zwei vom System her ähnliche, einander überlappende je fünfteilige Skalen - mehr dazu in Schulpaket stärkt „soziale Trennwände“ (news.ORF.at, 1.10.2018).

Ein freiwilliges zehntes Schuljahr, das in dem Paket verankert wurde, begrüßt Palfrader. Die Rückkehr zum fünfteiligen Notensystem in der Mittelschule sieht sie „grundsätzlich positiv“.

Internationales Kopfschütteln

Der Wiedereinführung von Leistungsgruppen in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik kann Michael Schranz, Universitätsprofessor für LehrerInnenbildung und Schulforschung, nichts abgewinnen. Durchmischung sei international das Thema. Durch die Trennung sieht Schratz die Gefahr eines Durschnittsunterrichts, in dem nicht mehr jeder Schüler einzeln gefördert werden könne. „Wir wollen auch in der Zukunft eine Gesellschaft, die mit Unterschieden umgehen kann und nicht eine die versucht auf das Trennende hinauszulaufen“, so Schratz gegenüber ORF Tirol.

Im neuen Schulpaket sei einiges, das man bereits kenne. "Wir hatten bereits Leistungsgruppen und haben daraus gelernt was die Schwächen sind. Aber offensichtlich haben wir nicht genügend gelernt, dass wir wieder darauf zurückgehen. Schratz höre auch auch aus internationalen Rückmeldungen ein Erstaunen und Kopfschütteln, wie man eine solche Entwicklung eingehen kann.

Erfolg der Mittelschulen fortführen

Wesentlich ist laut Palfrader, dass das in Tirol sehr erfolgreiche Projekt „Neue Mittelschule“ auch fortbesteht. "Wir müssen darauf achten, dass jene Schüler die aus den Neuen Mittelschulen kommen, die gleichen Chancen haben wie jene, die aus der AHS Unterstufe kommen. Palfrader will sich in der Begutachtung des Gesetzesvorschlages dafür einsetzen, dass das gut Funktionierende nicht zerstört wird. Es dürfe nicht heißen „alles zurück an den Start“.

Am Mittwoch soll die Reform vom Ministerrat abgesegnet werden und dann in die Begutachtung gehen.