Toni Sailer: Weitere Details freigegeben

Für große Aufregung und teils erboste Reaktionen haben Berichte über den „Justizakt Toni Sailer“ vor eineinhalb Wochen gesorgt. Mittlerweile gab das Außenministerium seinen noch ausführlicheren Akt dazu frei.

Zehn Tage nach der angeblichen Vergewaltigung im März 1974 kam das mutmaßliche Opfer in die österreichische Botschaft in Warschau. Die polnischen Behörden hätten ihr gesagt, dass sie nur 10.000 Zloty bekäme, und sie solle Stillschweigen bewahren, steht im Akt. Der Frau erschien das zu wenig und unangemessen.

Ex-Botschaftssekretär Ferdinand Mayrhofer-Grünbühel sprach damals mit der Frau. „Ihre Situation war so, dass die Sache im Wesentlichen abgeschlossen war. Die Kaution war hinterlegt, Toni Sailer wurde aus der Haft entlassen und hatte das Land verlassen. Die Betroffene hat dabei natürlich durch die Finger geschaut. Ihr Besuch in der Botschaft hat wohl den Zweck gehabt, auf der Basis einer Mitleidsreaktion oder mit der leise angedeuteten Drohung, die Sache publik zu machen, doch noch zu einer Entschädigung oder einem Schmerzensgeld zu kommen.“

Auszug aus dem Aktenvermerk 67-RES/74 der österreichischen Botschaft in Warschau

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Auszug aus dem Aktenvermerk 67-RES/74 der österreichischen Botschaft in Warschau.

Das wäre nicht ungerechtfertigt, so der Eindruck des damaligen Sekretärs und Stellvertreter des Botschafters. Die Frau sei damals verletzt worden, so Mayrhofer-Grünbühel: „Nach allem, was ich weiß und jedenfalls laut offiziellen polnischen Angaben, ja. Sie hat Verletzungen davon getragen. Und sie hat behauptet, dass sie brutal vergewaltigt worden sei, dass sie zwei andere Männer festgehalten hätten und dass diese Vergewaltigung, wie man altmodisch gesagt hat, widernatürlich war.“

„Weiß nicht, ob alle Details stimmen“

Die Frage, ob die Frau glaubwürdig wirkte, beantworte der frühere Botschaftssekretär so: „Das ist schwer zu sagen, im Prinzip würde ich sagen ja - ob natürlich alle Details stimmen, das weiß ich nicht.“ Wäre durch die Kaution wirklich alles erledigt gewesen für Toni Sailer? Der Ex-Botschaftssekretär geht davon aus, dass der damalige ÖSV-Direktor nie zu einem Prozess ins kommunistische Polen angereist wäre. Doch das wäre vielleicht bekannt geworden und peinlich gewesen.

Jedenfalls ergibt sich aus dem Akt, dass Kanzler Bruno Kreisky viel später noch intervenierte – nämlich „dass eine Anfrage des Herrn Bundeskanzler Kreisky an die polnische Botschaft in Wien erfolgt sei und die Nichterledigung dieser Angelegenheit in Anbetracht des für Oktober festgelegten Besuches des polnischen Ministerpräsidenten in Österreich unangenehm sei.“

Auszug aus dem Aktenvermerk 67-RES/74 der österreichischen Botschaft in Warschau

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Auszug aus dem Aktenvermerk 67-RES/74 der österreichischen Botschaft in Warschau.

Keine Vergewaltigungsanklage wegen Formfehlern

Ende August, bei einem Treffen mit einem Vizegeneralprokurator in Polen, erfuhr Sailers Anwalt, der von einem österreichischen Botschaftsmitarbeiter unterstützt wurde, dass es unter anderem wegen zweier Formfehler nicht zu einer Vergewaltigungsanklage komme. Nur der Vorwurf der leichten Körperverletzung sei bestehen geblieben.
Die Betroffene verzichtete auf eine Privatanklage. Die Frage, ob möglicherweise eine Geldzahlung im Spiel gewesen sein, beantwortete Ex-Botschaftssekretär Mayrhofer-Grünbühel so. „Bitte, in einem kommunistischen System wird der Frau bedeutet, dass sie das halt nicht zu machen hat - aus."

Alle beschuldigten Österreicher unterstützt

Der Ex-Botschaftssekretär sagt aber auch: Es sei ja Aussage gegen Aussage gestanden. Ob es in einem kommunistischen System einen fairen Prozess gegeben hätte, sei fraglich. Und die Botschaft habe alle beschuldigten Österreicher unterstützt - nicht nur Toni Sailer.

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