Streit um Millionenerbe vor Gericht

Ein Fall um ein Millionenenerbe ist vor dem Zivilgericht gelandet. Ein 77-jähriger Mann soll seiner Pflegerin 1,5 Millionen Euro vermacht haben. Der Anwalt der Verwandten spricht von Erbschleicherei. Der Anwalt der Pflegerin sieht seine Mandantin im Recht.

In der Schweiz hätte die Pflegerin keine Chance auf ein solches Erbe gehabt. Menschen, die dort in der Pflege tätig sind, dürfen vom Pflegebedürftigen nämlich nicht erben. In Österreich ist das anders geregelt. Hier gilt für Pflegepersonal nur ein Geschenkannahmeverbot. Den zu Pflegenden zu beerben, ist erlaubt.

Pflegerin hat Erbe bereits angetreten

Die Pflegerin hat ihr Erbe, das in einem üblichen Verlassenschaftsverfahren abgewickelt wurde, bereits angetreten, so der Anwalt der Pflegerin, Hermann Holzmann. Das Gericht sei zu dem Entschluss gekommen, dass die Bedachte als Erbin einzusetzen ist. Dieser Umstand sei vom Landesgericht als Rekursgericht auch bestätigt worden.

Angehörigen-Anwalt will Gesetzesänderung erwirken

Albert Heiss, der Anwalt der Verwandten, will für seine Mandanten das Erbe des Verstorbenen nun zurückerstreiten: „Es geht meinem Mandanten grundsätzlich darum, dass so etwas in Zukunft nicht mehr möglich ist. Das Land Tirol und auch die Stadt Innsbruck haben in den entsprechenden Pflegeverträgen an sich Vorsorge getroffen. Es ist verboten, Geschenke oder Erbschaften anzunehmen. Im Rahmen dieser mobilen Pflegevereine oder Pflegetätigkeiten gibt es aber die Möglichkeit, dass ohne vertragliche Regelung der Zugang zum Patienten eröffnet wird, und dort diese Geschenke oder Erbschaften angenommen werden können. Und hier braucht es meines Erachtens eine gesetzliche Regelung, dass das absolut verboten ist.“

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Anwälte im Schlagabtausch

Herbert Heiss - er spricht als Erster - ist der Anwalt der Angehörigen, die die Pflegerin geklagt haben. Hermann Holzmann verteidigt die Pflegerin.

Gesetzliche Regelung in Tirol

Personal von Alten- und Pflegeheimen, Heimträger oder Heimleiter dürfen keine Geschenke annehmen. Damit soll verhindert werden, dass abhängige und häufig wehrlose Pflegebedürftige ausgenutzt werden. Auch für mobile Pflegerinnen und Pfleger, die für Vereine arbeiten, welche Verträge mit dem Land oder der Stadt haben, gilt diese Vereinbarung. Für mobile Pflegevereine gibt es keine einheitlichen Regelungen, erklärt Hubert Innerebner, Geschäftsführer Innsbrucker Sozialen Dienste (ISD).

Es könne nicht angehen, so Heiss weiter, dass eine Pflegerin, die ein Vertrauensverhältnis zum Patienten entwickelt, sich dessen gesamtes Vermögen zueignet. Eine solche Vorgangsweise sei unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit zu betrachten oder „auch als Erbschleicherei zu bezeichnen“, so Heiss. Es bedürfe „urteilsmäßiger Feststellungen“, damit so etwas in Zukunft nicht mehr vorkommt, meint der Anwalt der Angehörigen.

Anwalt der Beklagten: Freier Wille muss frei bleiben

Hermann Holzmann ist der Anwalt der Pflegerin. Er will für seine Mandantin das Erbe des Verstorbenen behalten: „Jeder kann mit seinem Vermögen machen, was er will. Er kann es dem FC Tirol vermachen oder dem Tierschutzverein geben. Und wir alle, die an der Front sind, wissen, dass sich gerade in Familienverhältnissen oft sehr versteckte Probleme im Verlassenschaftsverfahren herauskristallisieren. Und dass man sich nicht zu wundern braucht, wenn nicht die Angehörigen zum Zug kommen, sondern dritte Personen.“

Angebliches Testament

ORF

Testament oder Verfügungsvollmacht?

Es geht nun um ein Schriftstück des Verstorbenen, das von ihm selbst unter dem Titel „Mein freier Wille“ geschrieben wurde. Ist dies nun ein Testament, mit dem die Pflegerin die Erbschaft in Millionenhöhe erhalten hat, oder eine Verfügungsvollmacht, von der die Verwandten des Verstorbenen ausgehen? Das soll im Herbst entschieden werden, wenn der Erbschaftsstreit in die nächste Runde geht. Immer wieder fordern Experten eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Regelungen für das Personal von mobilen Pflegevereinen, ganz egal ob diese Vereine im Besitz der öffentlichen Hand oder privat sind.