Tagung zum Tabuthema Suizid

Mit dem Tabuthema Suizid beschäftigt sich am Samstag eine hochrangig besetzte Fachtagung im Haus der Begegnung in Innsbruck. Die Inhalte sind auch für die breite Öffentlichkeit bestimmt.

Etwa 1.300 Menschen pro Jahr scheiden in Österreich freiwillig aus dem Leben, in Tirol sind es über 100. Durch Suizid sterben statistisch gesehen deutlich mehr Menschen als durch Unfälle im Straßenverkehr. Selbst aus dem Leben zu scheiden, ist sogar die zweithäufigste Todesursache bei Männern unter 40 Jahren. Über diese Tabu zu reden ist Thema der Tagung in Innsbruck.

Frage nach Suizidgedanken zulassen

Der Psychiater Eberhard Deisenhammer ist Leiter der Arbeitsgruppe Suizidforschung an der Medizin-Universität Innsbruck. Er sagt zum Umgang der Gesellschaft mit dem Tabuthema, es sei etwas, dass der menschlichen Natur widerspreche. Man sei ausgerichtet, das Leben zu genießen, lange zu leben und viel Freude im Leben zu haben. Wenn jemand das Gefühl habe, das Leben sei nicht mehr lebenswert und er will Schluss machen, dann ist das etwas, was dem normalen menschlichen Denken widerspricht. Damit hänge es auch zusammen, dass man es sich nicht traue es anzusprechen, weil man verunsichert ist und nicht weiß, wie man damit umgehen soll, „wenn der auf meine Frage nach Suizidgedanken wirklich ja sagt“.

Betroffen sind nicht nur jene Menschen, die keinen Ausweg mehr sehen. Auch das soziale Umfeld spielt eine wichtige Rolle, also Partner, Familie, Freunde oder Kollegen. Deisenhammer betont, eindeutige Hinweise auf Suizidgedanken bei Menschen gebe es nicht immer. Wichtig sei es aber, Menschen mit möglichen Suizid-Gedanken zunächst vorurteilsfrei zu begegnen. Man könne daran denken, dass jemand suizidal sein könne, wenn jemand sich verändert, sich zurückzieht und nicht mehr seine normalen Tätigkeiten ausführt oder mehr Alkohol konsumiert. Dann solle man sich nicht scheuen, auch die Frage nach Suizidgedanken zu stellen.

In der Regel vorübergehende Krise

In vielen vermeintlich hoffnungslosen Fällen sei sehr wohl noch Hilfe möglich, sagt Eberhard Deisenhammer, Leiter der Arbeitsgruppe Suizidforschung. Suizidalität sei in den allermeisten Fällen eine vorübergehende krisenhafte Situation, in der man auf verschiedenen Ebenen helfen könne, etwa medizinisch, psychotherapeutisch, durch eine Änderung der Situation. Es ließen sich auch in Situationen noch Hilfestellungen leisten, wo es der Betroffene selber nicht mehr glaubt, da er depressiv eingeengt ist in seinem Denken.

Wenn es aber dennoch zum Suizid kommt, dann bleiben viele Hinterbliebene hilflos zurück. Gerade für sie bedeutet die Tabuisierung des Themas Suizid und das damit verbundene Schweigen eine besondere Belastung. Die Veranstaltung am Samstag versteht sich deshalb auch als Begegnungsraum für Hinterbliebene.