Juncker: Visa-Freiheit für Türken möglich

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Sonntag in Alpbach die visafreie Einreise von türkischen Staatsbürgern in die EU ab 1. Oktober nicht ausgeschlossen. Dafür müssten aber alle Bedingungen der EU für die Abschaffung der Visapflicht eingehalten werden.

Allerdings dürfe dann der türkische Staat seine Terrorgesetze nicht dazu nutzen, unschuldige Wissenschafter und Journalisten einzusperren, betonte der Kommissionspräsident. Er habe in letzter Zeit einige anstrengende und sportliche Begegnungen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehabt. Wenn es nun nicht zur Visafreiheit komme, „dann muss Erdogan seinen Bürgern erklären, warum sie nicht frei reisen können.“

Zugleich betonte Juncker, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei müssten weitergeführt werden. „Nicht weil der Beitritt in den nächsten fünf, zehn Jahren stattfinden wird. Sondern damit wir mit dem Land im Dauergespräch bleiben“, sagte der Kommissionschef. Die österreichische Regierung hatte zuletzt aufgrund der jüngsten Entwicklungen in der Türkei nach einem Abbruch der Beitrittsgespräche gerufen.

Jean-Claude Juncker

APA/Barbara Gindl

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

Maximale Sicherheit für richtige Flüchtlinge

In seiner Rede vor den Festgästen des Forums Alpbach sprach der luxemburgische EU-Politiker auch die Flüchtlingskrise an. Juncker warnte davor, den Schutzsuchenden „den Rücken zu kehren“. Den „richtigen Flüchtlingen“, die vor Gewalt und Terror flüchteten, gehöre „unsere maximale Solidarität“.

Auch Sicherheitsbedenken dürften diese nicht einschränken, sagte der Kommissionschef. „Mit den Flüchtlingen sind Terroristen nach Europa gekommen. Aber viele waren schon vorher da, und sind in Belgien geboren, in Brüssel, Paris und Cannes. Sie sind großgezogen worden in unseren Gesellschaften“, sagte Juncker.

“Drei Landes-Obermuftis“

Die drei Landeshauptleute der Europaregion Tirol, die Juncker zuvor eine Resolution zur Flüchtlingskrise übergeben hatten, erinnerte der Kommissionspräsident an seinen Einsatz für einen EU-weiten Verteilungsschlüssel für Asylwerber und sprach dabei scherzhaft von den „drei Landes-Obermuftis“.

In seiner Rede kam Juncker auch auf seine Hoffnung für eine weitere Integration der EU zu sprechen. Es brauche eine gemeinsame Außenpolitik und Verteidigungspolitik der EU, ansonsten sei die Rolle Europas in der Welt in Gefahr. Als Endziel solle dabei auch eines Tages eine europäische Armee zur Verfügung stehen, die allerdings keine „klassische Angriffsarmee“ sein werde. „Da muss man auch nicht Mitglied der NATO sein, damit nicht hier einige Schüttelfrost kriegen“, warf Juncker in einer Anspielung auf die militärische Neutralität Österreichs in den Raum.

Forumspräsident Franz Fischler, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und LH Günter Platter

APA/Barbara Gindl

Forumspräsident Franz Fischler, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und LH Günter Platter

„Franz, ich komme noch einmal“

Rosen streute der Kommissionschef seinen Tiroler Gastgebern, denen er attestierte, sie seien gleichermaßen „lustig und tüchtig“. Er sei immer wieder froh, in Alpbach zu Gast zu sein. Dabei machte Juncker auch eine Anspielung auf eine mögliche weitere Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission, der er seit 2014 für zunächst fünf Jahre vorsteht. Bisher seien Kommissionspräsidenten etwa alle fünf Jahre in Alpbach zu Gast gewesen und dabei bleibe es wohl, sagte Juncker. „Franz, ich komme noch einmal“, erklärte er an die Adresse des Forum-Alpbach-Präsidenten Franz Fischler.

Platter warnt vor radikalen Äußerungen

Bei ihren Ansprachen gingen die Landeshauptleute der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino auf die internationalen Kriege, Krisen und ihre Auswirkungen ein - mehr dazu in Alpbach: Platter warnt vor radikalen Äußerungen.