Fehlende Asylquartiere: Greift Bund ein?

In Tirol fehlen derzeit rund 1.100 Unterkünfte für Asylwerber. Damit könnte der Bund mittels Durchgriffsrecht eigentlich in vielen Orten Flüchtlingsquartiere errichten. Um das zu verhindern, setzen die Tiroler Sozialen Dienste auf Gespräche.

Das Land suche den Dialog, heißt es bei den Tiroler Sozialen Diensten, die für die Quartiere von Asylwerbern zuständig sind. Gegen den Willen eines Ortes sollen dort auch keine Flüchtlinge untergebracht werden. Dass der Gesprächsweg möglich ist, zeigen Gemeinden wie Obsteig, wo vergangene Woche 50 Flüchtlinge einzogen sind. Doch der Gesprächsweg dauert - und das sei der Hauptgrund, warum Tirol bei der Flüchtlingsquote Schlusslicht ist, heißt es bei den Tiroler Sozialen Diensten.

Ministerium sieht Tiroler Weg skeptisch

Beim Innenministerium sieht man den partizipativen Ansatz angesichts drohender Obdachlosigkeit von Flüchtlingen skeptisch. Dass in Tirol kein Quartier für Asylwerber geschaffen werde, bevor nicht alle Beteiligten zustimmen, sei eine Haltung, die zu überdenken sei, so Innenministeriumssprecher Karl Heinz Grundböck.

Tirol sollte 6.249 Plätze bereitstellen, hat de facto aber nur 5.100. In diese Zahl inkludiert seien auch die Menschen, die derzeit im Verteilerzentrum leben und unter die Bundesverwaltung fallen. Niederösterreich und die Steiermark erfüllen ihre Quoten, so Grundböck, Wien „übererfüllt“ sie sogar. Dies allerdings um den Preis, dass die Stadt Wien für den Zustand mancher Unterbringungen (z.B. die Dusika-Halle) „geprügelt“ werde.

Tirol wäre ein Kandidat für Durchgriffsrecht

Gesetzlich möglich ist das Durchgriffsrecht - also die Möglichkeit, dass der Bund in einer Gemeinde Asylwerber unterbringt - wenn in dieser Gemeinde weniger als 1,5 Prozent der Bevölkerung Flüchtlinge sind. Wenn das Innenministerium dann vom Durchgriffsrecht Gebrauch macht, ist die Zahl nicht mehr mit 1,5 Prozent gedeckelt, sondern dann können bis zu 450 Menschen pro Standort einquartiert werden, so der Sprecher des Innenministeriums. Ob man schon vorbereite, Tiroler Gemeinden Quartiere zu verordnen, ließ Grundböck im ORF-Gespräch offen.