Volle Erholung nach Herzinfarkt möglich

Tiroler Wissenschafter haben erstmals eine vollständige Regeneration des Herzens nach einem schweren Herzinfarkt beobachtet und beschrieben. Diese Beobachtung bei einem Neugeborenen gibt Hoffnung auch bei der Behandlung älterer Patienten.

Das Neugeborene hatte bereits in der ersten Stunde seines Lebens einen massiven Herzinfarkt, verursacht durch den Verschluss eines wichtigen Herzkranzgefäßes. „Das Herz des Babys war schwer geschädigt. Erstaunlicherweise erholte es sich aber sehr schnell wieder“, berichten der Kardiologe und Forscher Bernhard Haubner und seine Kollegin Johanna Schneider in einem aktuellen Artikel der Fachzeitschrift „Circulation Research“.

Herz kann sich vollständig erholen

„Eineinhalb Monate nach seiner schweren Erkrankung konnten wir das Kind mit normaler Herzfunktion entlassen. Diese Beobachtung beweist, dass sich ein menschliches Herz nach einer massiven Schädigung vollständig erholen kann“, meint der Innsbrucker Kinderkardiologe Jörg-Ingolf Stein. Diese Entdeckung habe riesiges Potenzial, schließlich seien Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der westlichen Welt die häufigste Todesursache.

Jährlich sterben 17 Millionen Menschen weltweit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, allein in der EU sind es zwei Millionen (WHO). Die medizinische Versorgung der Patienten hat sich hierzulande zwar sehr verbessert und die unmittelbare Todesrate ist dadurch gesunken, jedoch müssen die meisten Patienten mit Folgeerkrankungen und Dauerschäden rechnen.

Narbengewebe erbringt keine Pumpleistung

Bei einem Infarkt sterben Herzmuskelzellen ab, die vom Körper durch Narbengewebe ersetzt werden. Dieses kann aber keine Pumpleistung erbringen. Das Herz ist in seiner Funktion eingeschränkt und es kann zu Herzmuskelschwäche kommen. Einmal verlorene Herzmuskelzellen konnten sich bei Erwachsenen bisher nicht effizient regenerieren, trotz innovativer Ansätze wie etwa der Stammzelltherapie.

Forscher wissen aber aus der Tierwelt, dass eine lebenslange Regeneration des Herzens prinzipiell möglich ist, wie etwa bereits bei Fischen beobachtet. „Wir waren, zeitgleich mit einer Gruppe aus Texas, die ersten, die eine vollständige Herzregeneration nach klinisch relevantem Herzinfarkt auch bei Mäusen beschrieben haben.

Gleiche Mechanismen bei Mensch und Maus

Das funktioniert allerdings nur, wenn die Mäuse nicht älter als eine Woche sind“, erzählt Bernhard Haubner, der neben seiner ärztlichen Tätigkeit in der Gruppe von Direktor Josef Penninger am IMBA (Institut für Molekulare Biotechnologie der ÖAW in Wien) forscht. „Was bei unseren neugeborenen Mäusen möglich war, haben wir nun auch bei einem neugeborenen Menschen beobachten können. Der Schluss liegt daher nahe, das dieselben Mechanismen bei Mensch und Maus für eine Regeneration von Herzmuskelzellen sorgen.“

Der Direktor des IMBA, Josef Penninger, betont die enorme Bedeutung dieser Erkenntnis: „Alle Kardiologen der Welt träumen davon, die volle Funktionstüchtigkeit geschädigter Herzen wiederherstellen zu können und wir haben gesehen, dass es prinzipiell funktioniert. Wenn wir also die Mechanismen der Herzregeneration bei der Maus und in weiterer Folge beim Menschen lückenlos aufklären, könnten wir gezielt die Regeneration von Herzmuskelzellen aktivieren oder fördern. Möglicherweise lassen sich dann in Zukunft auch erwachsene Herzen nach einem Infarkt wieder vollständig regenerieren.“