„Gefährliche“ Firmen sollen für Anrainer zahlen

Der Landtag hat im November die Novelle der strengen Seveso EU-Richtlinie beschlossen. Sie soll Unfälle in der Umgebung von chemieverarbeitenden Betrieben vermeiden. Die Liste Fritz kritisiert, dass durch das Gesetz Anrainer auf der Strecke bleiben.

Die Seveso-Richtlinie beinhaltet strenge Vorgaben, die sich mit industriellen Unfällen und deren Folgen befassen. So muss um einen gefährlichen Betrieb ein angemessener Sicherheitsabstand ausgewiesen sein. In dieser Sicherheitszone sind in der Folge Zu- und Umbauten von Häusern nicht mehr ganz einfach möglich.

Strenge Auflagen wie in roter Zone

In Landeck z.B. steht mitten im Siedlungsgebiet die Firma Donau Chemie. Auch sie fällt unter die neue Seveso-III-Richtlinie, die der Landtag im November beschlossen hat. Für Andreas Brugger von der Liste Fritz kommt dieser Beschluss viel zu früh. Denn rund um die gefährlichen Betriebe gibt es meist einen Sicherheitsabstand, der laut Brugger einer roten Lawinenzone gleich kommt.

Seveso-Betrieb:
Insgesamt elf Betriebe in Tirol fallen derzeit unter die sogenannte Bezeichnung „Seveso“-Betrieb, benannt nach der norditalienischen Stadt, über der 1976 eine giftige Dioxinwolke einer benachbarten Chemiefabrik niederging.

Liste Fritz fordert Stärkung der Anrainer

„Es gibt massive Einschränkungen, man kann praktisch nichts mehr dazu bauen, es könnten Auflagen kommen. Und die Frage ist, wer zahlt die Kosten dafür und da steht im Gesetz nichts drinnen, das heißt die Kosten würden voll die Anrainer treffen und das kann nicht sein!“ Die Liste Fritz fordert eine gesetzliche Regelung, wonach Kosten, z.B. Wertminderungen oder Kosten von Auflagen – wie z.B. zusätzliche Fenster - der Betrieb zahlen muss, der die Gefahr verursacht und Einkommen erzielt aus seiner Tätigkeit. Brugger fordert eine Änderung der Gesetzeslage.

Landesrat verweist auf Pflichten für Betrieb

Raumordnungslandesrat Johannes Tratter (ÖVP) sieht keine Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung. Denn durch die Richtlinie, so Tratter, seien auch die Seveso-Betriebe in die Pflicht genommen. Die Betriebe hätten Informationspflichten, seien zu Schutzmaßnahmen verpflichtet und müssten Schutzpläne machen. Die Betriebe hätten die Möglichkeit, die Produktion mit den Gefahrenstoffen auf ihre Kosten viel sicherer zu machen.

„Zu behaupten, es wird nur eine Seite belastet und die Betriebe gehen wieder einmal frei als Verursacher, stimmt nicht!“ so Tratter. „Die Betriebe sind sicher aufgerufen, hier alle Maßnahmen zu setzen, denn je besser die Schutzmechanismen im Betrieb sind, desto kleiner ist der Schutzbereich und desto weniger Bevölkerung ist betroffen“ ergänzte der zuständige Landesrat.

Ein Beispiel aus elf: Kematen

Eine betroffene Gemeinde ist auch Kematen mit der Firma Tunap, ehemals Schwarzkopf. Der Sicherheitsabstand um die Firma beträgt 340 Meter, umgerechnet 36 Hektar Fläche. 1.200 Personen sind mit ihren Häusern betroffen. Sollte ein Bewohner dort einen Zubau planen, muss er ein Sicherheitskonzept vorlegen. Zudem hat der Seveso-Betrieb eine Parteienstellung im Baubewilligungs-Verfahren.

Ein Sicherheitskonzept hat die Gemeinde bereits zusammen mit der Firma ausgearbeitet, das allen Betroffenen zur Verfügung steht, erklärte Bürgermeister Rudolf Häusler. Häusler will auch künftig im Gefährdungsbereich Baubewilligungen erteilen, allerdings nur für Einfamilienhäuser, nicht für Wohnanlagen. Da die Firma Tunap rund zwei Millionen in die Sicherheit investieren wolle, dürfte sich laut Häusler auch der Sicherheitsabstand um den Betrieb um einiges verringern.