Auftakt im Nadina-Prozess gegen Arzt

Im Fall Nadina steht seit Montagvormittag ein 56-jähriger Anästhesist der Innsbrucker Klinik vor Gericht. Der Mediziner muss sich wegen fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Umständen verantworten, zu Prozessbeginn bekannte er selbst sich nicht schuldig.

Der Anästhesist hat damals die Narkose verabreicht. Die Anklage wirft ihm vor, trotz Verabreichung hoher Dosierungen das Kind nicht ausreichend überwacht zu haben. Das Mädchen war im Jahr 2008 schwerst behindert aus der Narkose erwacht und benötigt seither rund um die Uhr Betreuung – mehr dazu in Fall Nadina im September vor Gericht.

Die Verwendung von Medikamenten bei Kindern sei oft problematisch, weil es kaum dafür zugelassene Arzneimittel gebe. Im konkreten Fall, so Staatsanwältin Erika Wander, sei die Anwendung der Mittel zwar grenzwertig weil hochdosiert gewesen, aber nicht illegal. Erforderlich wäre aber besondere Vorsicht gewesen, und die habe gefehlt, wirft die Staatsanwältin dem angeklagten Arzt vor.

Problem bei der Sauerstoffversorgung

Laut Gutachter Gernot Pauser habe eine schwere Hypoxie (Mangelversorgung des Gewebes mit Sauerstoff; Anm.) die graue Gehirnsubstanz des Mädchens beschädigt. Der Angeklagte beharrte jedoch auch nach mehrmaligen Nachfragen darauf, dass Nadina unter seiner Aufsicht keine Hypoxie hatte.

Die Operation und auch die Extubation des Mädchens seien laut dem angeklagten Mediziner problemlos verlaufen. Lediglich die Sauerstoffsättigung sei nicht „befriedigend“ gewesen, deswegen habe man Nadina Sauerstoff über eine Maske verabreicht. Doch auch diese Sauerstoffzufuhr habe man nach einiger Zeit beenden können. Nachdem eine Krankenschwester im Aufwachraum Auffälligkeiten bei dem Kind meldete, wurde das Mädchen schließlich auf die Kinderintensivstation verlegt.

Die Dosierung der Medikamente für die Narkose und auch deren Kombination seien völlig normal gewesen, meinte der 56-jährige Angeklagte. Lediglich die Narkose selbst habe etwas länger als normal gedauert, weil es nicht einfach gewesen sei einen Venenzugang zu legen. Erst im Nachhinein habe er von Herzdefekten erfahren, die das Kind offenbar hatte.

Arzt bedauert dramatischen Zwischenfall

„Ich wüsste selbst gerne, was die wirkliche Ursache von Nadinas jetzigem Zustand ist“, meinte der Anästhesist. Er bedauere den Zustand des Mädchens sehr und sei daran interessiert aufzuklären, was damals passierte, fügte er hinzu.

Sein Anwalt, Albert Heiss, sprach von einem „Super-GAU“ für die Familie von Nadina, für das Kind selbst und seine Eltern. Aber im Strafprozess gehe es um die Verantwortung des angeklagten Arztes, und dieser habe nicht schuldhaft gehandelt, so der Verteidiger. Der Prozess ist für drei Tage anberaumt, ein Urteil könnte am Mittwoch fallen.

In einem Zivilprozess ist bereits entschieden worden, dass die TILAK für die Folgen der Operation bei Nadina haftet. Offen ist noch, wie viel für Therapien und Betreuung des schwerst behinderten Kindes genau zu zahlen ist - mehr dazu in „Nadina“: Eltern einigen sich mit TILAK.