Gewalt gegen ältere Menschen allgegenwärtig

In Europa werden laut einer Studie täglich Tausende ältere Menschen misshandelt. Gewalt im Alter ist allgegenwärtig - ob zu Hause in den eigenen vier Wänden oder in Alters- und Pflegeheimen. Ein länderübergreifendes Projekt setzt sich mit dieser Problematik auseinander.

Dass pflegenden Angehörigen bei der demenzkranken Großmutter plötzlich die Hand ausrutscht, ist laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) keine Seltenheit. Rund 10.000 alte Menschen werden demnach in Europa täglich misshandelt. Aus der Studie geht hervor, dass jährlich an die 2.500 Senioren von ihren Familienangehörigen umgebracht werden.

Auch in Pflegeheimen kein Tabu

Gewalt gegen ältere pflegebedürftige Menschen kommt nicht nur daheim in den eigenen vier Wänden vor, sondern auch im Pflegeheim - und sie kennt viele Facetten. Ursachen und Lösungen dafür erarbeiten jetzt Südtiroler und Tiroler Stellen gemeinsam in einem EU-Projekt.

Esther Jennigs ist Projektleiterin und weiß als erfahrene Opferschutzexpertin, wo die Probleme liegen. Die meisten älteren Menschen schämen sich, derartige Übergriffe gegen ihre Person überhaupt zu thematisieren bzw. zu melden. Weiters wüssten sie gar nicht, wohin sie sich wenden können, so Jennigs. Dabei geht es nicht nur um den unerklärlichen Bluterguss auf Opas Oberarm, es geht vor allem auch um seelische Gewalt - demütigen, isolieren, „übersehen“ oder finanzielle Mittel entziehen.

Überforderung als Auslöser

Gewalt in der Pflege ist oft ein Ausdruck von totaler Überforderung, sagen die Experten. Oft ist es die zeitliche Überforderung, aber auch die inhaltliche. So werden auch Pflegende häufig zu Opfern.

Immer wieder würden demenzkranke Menschen auch zu Gewalt neigen, so Jennigs. In diesen Fällen ist Beratung wichtig, die zur Deeskalation beiträgt. Mit dem Projekt wollen die Verantwortlichen deshalb auch die Ausbildung der Pflegerinnen und Pfleger auf neue Füße stellen.