Bauern massiv gegen KW-Kaunertal-Ausbau

Nach Umweltorganisationen machen jetzt auch die Bauern im Ötztal gegen den geplanten Ausbau des Kraftwerkes Kaunertal mobil. Sie wollen ihre Bäche unberührt lassen. Die Tiwag reagiert gelassen auf den jüngsten Widerstand.

Agrarvertreter Ötztal

ORF

„Wir geben das Wasser nicht her“, sagen drei Ötztaler Agrargemeinschafts-Obleute. Sie vertreten 50 Grundbesitzer und Nutzungsberechtigte im hinteren Ötztal. Von den Tiroler Wasserkraftwerken (Tiwag) ist geplant, das Kraftwerk Kaunertal um geschätzte 1,3 Milliarden Euro auszubauen. Zwei Bäche, die Venter und die Gurgler Ache, müssten dafür in den Kaunertaler Speicher abgeleitet werden.

„Lieber ohne Strom als ohne Wasser“

Das Wasser müsse im Ötztal bleiben, bekräftigt am Donnerstag der Obmann der Agrargemeinschaft Obergurgl Reinhard Scheiber: „Wir lassen uns für kein Geld der Welt umstimmen. Wenn die Tiwag aufkreuzt und sagt, können wir euch nicht etwas geben - einen Lift dahin, einen Kuhstall dorthin oder ein Sackgeld hinten reinstecken - die können kommen womit sie wollen. Wir lassen uns die Lebensgrundlage nicht nehmen.“

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Jakob Prantl von der Agrargemeinschaft Zwieselstein ist derselben Meinung: „Wenn wir einmal zu einem trockenen Brunnen gehen und unseren Kindern sagen müssen, wir haben das verkauft, also da hat die nächste Generation sicher keine Freude mit uns. Lieber bin ich ohne Strom als ohne Wasser.“

Die Tiwag will beide Bäche, die Venter und die Gurgler Ache, über ein 26 Kilometer langes Stollensystem in das Kaunertal ableiten. Das Projekt würde auch dem Hochwasserschutz im Ötztal dienen, argumentiert die Tiwag. Doch daran glauben die Bauern nicht, so Reinhard Scheiber: „Sollte ein Jahrhundertereignis eintreten, kann auch die Tiwag das Wasser nicht schlucken. Wo soll das Wasser dann hin?“

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Tiwag rechnet mit Genehmigung

Mit dem Ausbau will die Tiwag jährlich 600 Gigawattstunden mehr an Strom produzieren und damit die Erzeugermenge verdoppeln. Damit könnte zehn Prozent des gesamten Landesverbrauchs gedeckt werden. Tiwag-Vorstandsvorsitzender Bruno Wallnöfer sieht den Aufstand der Agrarier als „business as usual“ (übliche Geschäfte). Das Projekt sei im Juli bei der UVP-Behörde eingereicht worden. Das Verfahren habe erst begonnen. Jetzt werde mit den Betroffenen gesprochen. Dazu sagen die Agrarier aus dem Ötztal: „Mit uns muss keiner mehr reden.“

Das mit 1,1 Mrd. Euro Investitionsvolumen im Kaunertal gelegene „größte, wichtigste und schönste Projekt“ des Tiroler Energieversorgers Tiwag soll aller Voraussicht nach im Jahr 2024 ans heimische Stromnetz angeschlossen werden, kündigte Wallnöfer im Sommer an. „Bei der UVP-Verfahrensdauer ist mit fünf Jahren in zwei Instanzen zu rechnen“, sagte der Tiwag-Chef bei einer Pressekonferenz anlässlich der 13.000 Seiten umfassenden Projekteinreichung für die Umweltverträglichkeitsprüfung.