Selten so viel Schnee

Der anhaltende Schneefall bereitet in Tirol auch am Montag Probleme. Gesperrte Straßen bereiten Pendlern große Mühe. Zwei Schulen waren wegen der Lawinensituation gesperrt. Die Neuschneemengen sind extrem: In der vergangenen Tagen fiel soviel Schnee wie seit 30 Jahren nicht mehr.

Der Schnee ist derzeit in vielen Orten so schwer, dass zahlreiche Bäume knicken. Die Liste der gesperrten Straßen ist immer noch lang. Feuerwehren, Straßenmeistereien und Forstarbeiter haben viel zu tun. Die Situation ist eine Herausforderung für Gemeinden.

Hubschrauber im Einsatz

In St. Ulrich am Pillersee ist die Straße zwischen St. Ulrich und Fieberbrunn gesperrt. „Die Bäume sind der Reihe nach geknickt“, erzählt Bürgermeisterin Brigitte Lackner. „Heute mittag haben wir einen Hubschrauber angefordert, der den schweren Schnee von Bäumen weggewirbelt hat“. Am abend wurden noch die Bäume weggeräumt. Die Bürgermeisterin hofft, dass die Straße Dienstagfrüh wieder frei ist.

Keine Schule

Wie außergewöhnlich die Situation derzeit ist, zeigt, dass etwa in St. Ulrich der Unterricht in der Volksschule am Montag ausgefallen ist. Eine Busunternehmerin hat darauf hingewiesen, dass sie die Schüler wegen der Verkehrslage von zuhause kaum abholen kann. „Wir sind ein langezogenes Tal, etwa 5 km lang. Ich habe entschlossen, dass die Schule gesperrt bleibt aus Sicherheitsgründen, weil man weiß ja nie, was passiert, wenn die Kinder im Freien herumtollen bei dieser Schneelage“, erklärt Lackner.

Keinen Unterricht gab es am Montag auch in der Hauptschule Lechtal, weil die Anreise für Schüler und Lehrer nicht möglich war.

Pendler mussten wegen der gesperrten Straßen oft lange Umwege in Kauf nehmen. Bürgermeisterin Lackner erzählt etwa von Krankenschwestern, die schon am Vorabend von St. Ulrich nach St. Johann gefahren sein, um in der Früh pünktlich im Krankenhaus sein zu können.

Bub rutschte unter Bus

Montagmittag rutschte ein 10-jähriger Schüler aus Imst auf einem Schneehaufen in der Bushaltestelle aus. Er geriet mit seinem linken Bein unter das rechte Hinterrad des Busse, der gerade in die Haltestelle einfuhr. Der Schüler zog sich einen offenen Bruch des linken Unterschenkels zu.

Autos rutschten sich drehend talwärts

Eine Karambolage mit sieben involvierten Fahrzeugen haben zwei deutsche Pkw-Lenker auf der schneebedeckten Pillerbergstraße (Bezirk Schwaz) Sonntagnachmittag ausgelöst. Laut Polizeiangaben wollte ein 27-Jähriger mit seinem allradbetriebenen Wagen das Auto eines Landsmannes, der ohne Schneeketten unterwegs war, bergwärts schleppen.

Die beiden Pkws blieben aber hängen und begannen zu rutschen. In weiterer Folge schlitterten die Autos sich drehend die Straße hinunter und kollidierten mit insgesamt fünf weiteren Fahrzeugen. Ein Lenker, ein 52-jähriger Tiroler, und seine Beifahrerin wurden bei dem Zusammenstoß verletzt.

Feuerwehr bei der Bergung querstehender Autos; Karambolage am Pillberg

Feuerwehr Schwaz

Die Feuerwehren Schwaz und Pillberg mussten die Fahrzeuge bergen

Kalte Küche in vielen Haushalten

200 Mitarbeiter der TIWAG-Netz sind im Einsatz. Kaum ist eine Leitung repariert, kommt es woanders zu einer neuen Störung. Am Montagvormittag waren 10.700 Tiroler Haushalte ohne Strom. Klaus Schüller von der TIWAG-Netz sagte: „Wir hatten in der Nacht doch wieder sehr heftige Niederschläge. Dadurch hatten wir 30 Mittelspannungsstörungen. Das ist in meiner Erinnerung eine Rekordzahl. Dementsprechend viele Stationen fallen dann aus.“

Betroffen waren Ötztal, Imst, Pitztal, Landeck, Paznaun, Zirl, Scharnitz, Gnadenwald, Achental, Zillertal, Kramsach, Kundel, Kirchbichl, Brixental, Wildschönau, Söll, Scheffau und Hochfilzen.

Montagabend meldete die TIWAG-Netz, dass sie am guten Weg zur Vollversorgung sei. 800 Haushalte im Oberland waren zu diesem Zeitpunkt noch ohne Strom.

Zehn Stunden ohne Strom

Besonders betroffen war in der Nacht das Achental. Dort mussten die Haushalte zehn Stunden ohne Strom auskommen. Im Durchschnitt dauere der Stromausfall in diesen Tagen aber eineinhalb Stunden, so Schüller gegenüber tirol.ORF.at. In sehr exponierten Tallagen könnten es auch 24 Stunden sein, weil die Arbeiter wegen der Lawinengefahr nicht in die hintersten Täler kommen - mehr dazu in Über 10.000 Haushalte ohne Strom.

Zu Mittag war das Alpachtal wieder voll versorgt. Gleichzeitig musste aber Sellrain wegen Lawinensprengungen teilweise abgeschaltet werden. Auch einige Sendeanlagen des ORF waren von den Stromausfällen betroffen, so im Hinteren Lechtal ab Ellmen. Auch im Zillertal, Achental und weiten Teilen des Oberlandes konnte zeitweise wegen der Stromausfälle kein terrestrisches Signal empfangen werden.

TIWAG Mitarbeiter arbeiten auf Strommasten, verschneite Winterlandschaft

ORF

TIWAG-Mitarbeiter bei Montagearbeiten

Verkehrssituation bleibt prekär

Zahlreiche Straßen waren auch am Montag wegen Lawinengefahr oder umgeknickter Bäume noch gesperrt. Montagabend waren es etwa noch die Kaunertalstraße, die Lechtalstraße zwischen Holzgau und Warth, die Gerlospassstraße, die Tuxerstraße zwischen Finkenberg und Hintertux und die Felbertauernstraße. Die Arlbergschnellstraße wurde zu mittag wieder für den Verkehr freigegeben. St. Anton ist aber nur von der Vorarlberger Seite wieder erreichbar. Weiter abgeschnitten sind Ischgl und Galtür im Paznaun.

Südtirol: Langtaufers war vier Tage abgeschnitten

Vier Tage lang war das Langtauferer Tal im Vinschgau von der Außenwelt abgeschnitten. 450 Einheimische und Touristen saßen fest. Auf Grund der großen Lawinengefahr musste die Straße gesperrt werden. Nach Lawinensprengungen konnte Montagnachmittag die Straße ins Tal vorerst einmal wieder freigegeben.

Umgestürzte Bäume

ORF

Auf dem Straße von Wörgl in die Wildschönau mussten zahlreiche, geknickte Bäume weggeräumt werden.

FF räumt Bäume weg

FF Wenns

Alle Zufahrtsstraßen nach Wenns waren gesperrt. Die Freiwillige Feuerwehr Wenns steht - wie andere Feuerwehren auch - seit drei Tagen im Dauereinsatz. Sie beseitigt unter anderem zahlreiche umgestürzte Bäume.

Schneehöhenkarte Tirol

Lawinenwarndienst Land Tirol

Die Karte zeigt, dass es Schneehöhen von über drei Metern gibt

„Lawinengefahr wird zurückgehen“

Patrick Nairz vom Lawinenwarndienst stellt eine Prognose: „Die Lawinengefahr wird mit dem Abklingen der Niederschläge sowie nachlassendem Wind allgemein zurückgehen.“

Derzeit herrschen für Wintersportler allerdings oberhalb der Waldgrenze noch immer sehr ungünstige Verhältnisse. Gefahrenstellen findet man in allen Lagen in Form von Triebschneeansammlungen. Vergleichsweise günstiger sind die Verhältnisse in Osttirol, wo die Gefahr von Norden Richtung Süden abnimmt. Die Lawinengefahr in Tirol bleibt hoch. In weiten Teilen Tirols erreicht sie den Wert vier auf der fünfteiligen Skala.

Extreme Schneemengen

„An einigen unserer Wetterstationen wurde in den letzten rund 30 Jahren nicht mehr so viel Schnee im Jänner gemessen“, sagte Manfred Bauer von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Innsbruck. Das Ende des Schneefalls erwarten die Meteorologen für Dienstag.

Die Neuschneemenge der vergangenen Tage (5. bis 9. Jänner in der Früh) ist für die Experten sehr ungewöhnlich. „Grob kann man sagen, dass solche Neuschneesummen in vier Tagen am Arlberg alle fünf bis zehn Jahre vorkommen“, so Bauer. In einigen Regionen wie zum Beispiel in Nauders schneie es im Schnitt überhaupt nur alle 20 bis 25 Jahre so viel. Die Gemeinde im Bezirk Landeck verzeichnete in den vergangenen vier Tagen eine Neuschneesumme von 120 Zentimeter.

In Hochfilzen im Bezirk Kitzbühel erreichte die frische weiße Pracht eine Dicke von 216 Zentimeter, das kam seit Beginn der Messungen im Jahr 2001 noch nie vor. In Langen am Arlberg betrug die Neuschneesumme von 5. bis 9. Jänner in der Früh insgesamt 177 Zentimeter. Größere Mengen gab es seit Beginn der Messungen im Jahr 1926 insgesamt neunmal. Ähnliche Schneemassen wurden im Jahr 1999 mit 178 Zentimeter verzeichnet.

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