Das Vogeljahr in den Tiroler Gärten
Die Ordnungsfanatiker unter den Gärtnerinnen und Gärtnern haben vor allem jetzt im Winter das Nachsehen. Wer aber dicke Büsche stehen gelassen hat, das Laub auf den Beeten und unter den Bäumen nicht weggeräumt und rechtzeitig Futter- und Nistplätze für die Vögel aufgehängt hat, der hat auch jetzt im Winter bunten Flugverkehr direkt vor den Fenstern.

Manfred Loner
Zwei Grünfinken und ein Kleiber rittern um den besten Platz am Futterhaus. Es dürfte aber für alle genug da sein
Ein Vogelkalender durchs ganze Jahr
Weil sich Vögel nur in einem naturnahen Garten wohlfühlen, haben die promovierten Tiroler Zoologen Christiane Böhm und Armin Landmann ein Vogel- und Gartenbuch der etwas anderen Art geschrieben. „Das Vogeljahr im Tiroler Garten,“ heißt es. Es begleitet die Vogelfreunde Monat für Monat durchs Jahr und die Autoren haben auch jetzt im Februar viel zu erzählen.
Buchtipp:
„Das Vogeljahr im Tiroler Garten“ von Christiane Böhm und Armin Landmann enthält viele Gartentipps und Interessantes und Überraschendes über die Tiroler Vogelwelt in unseren Gärten. Es ist wie ein Kalender von Jänner bis Dezember aufgebaut. Das Buch ist im Buchhandel erhältlich.
Es geht etwa darum, wie sich Hausspatz oder Kohlmeise am Futterplatz Respekt verschaffen. Da spielt die schwarze Färbung an Kehle und Latz eine maßgebliche Rolle. Wer viel schwarz trägt ist der Chef. „Jetzt im Winter ist eine gute Zeit, die Vögel im Garten zu beobachten und sich genauer mit ihnen zu beschäftigen. An den Futterplätzen ist eine bunte Schar beisammen, deren Eigenheiten und Unterschiede man auch im Verhalten gut beobachten kann,“ sagt Christiane Böhm.
Füttern im milden Winter?
So mancher fragt sich, ob es in einem so schneearmen und milden Winter überhaupt eine Fütterung für die Vögel braucht. Christiane Böhm, die das Forschungsinstitut des Innsbrucker Alpenzoos leitet, sagt: „Überlebenswichtig ist es für die Vögel nicht. Allerdings ist es für uns Menschen eine gute Möglichkeit, sie kennenzulernen und sich mit ihnen zu beschäftigen.“ Etwa 20 Prozent des Tagesbedarfs holen sich die Vögel an einem eigens für sie eingerichteten Futterplatz. Und längst nicht alle Vogelarten nutzen das Angebot, nur etwa 15 bis 20 Prozent kommen zu den Futterhäuschen. Insektenfresser haben von den Körndln wenig. „In einem sehr harten, frost- und schneereichen Winter können Futterstellen aber durchaus einzelnen Vögeln das Überleben sichern“, sagt die Ornithologin.
Nistkästen werden übrigens von Höhlenbrütern nicht nur zum Nisten, sondern im Winter durchaus auch zum Übernachten genutzt. Es wird sozusagen schon einmal Probe gewohnt, ob sich das Domizil für den Nachwuchs eignet. Es macht also Sinn, die Nistkästen frühzeitig aufzuhängen. Was für die Vögel gut zugänglich, vor Katzen und anderen Räubern aber möglichst geschützt ist, wird auch gerne angenommen.
Von Irrtümern und Missverständnissen
Viele Halbwahrheiten oder Irrtümer werden im Vogel- und Gartenbuch von Christiane Böhm und Armin Landmann aus der Welt geräumt. So ist der Zaunkönig gar nicht der kleinste Vogel in unseren Gärten. „Das ist das Wintergoldhähnchen. Ein erwachsenes Tier wiegt gerade einmal fünf Gramm. Und selbst um dieses Federgewicht zu halten, muss es praktisch ständig fressen,“ erklärt Christiane Böhm. "Das Goldhähnchen ist ein Insektenfresser und klaubt sich seine Nahrung auch im Winter bevorzugt von Nadelbäumen. „Wer eine alte Fichte oder Tanne im Garten stehen lassen kann, darf sich vielleicht über den Besuch der hübschen Winzlinge freuen.“ Im Winter treten sie in kleinen Gruppen auf, kuscheln sich in den Nächten zusammen, um sich zu wärmen und halten mit zarten Rufen auch tagsüber Kontakt.

Manfred Loner
Ein Buntspecht im Garten sorgt ganz sicher für Begeisterung. Einen hübscheren Wintergast gibt es kaum
Sendungshinweis:
„Radio Tirol am Vormittag"
6. 2. 2016 ab 10.00 Uhr
Seltene Gäste sind immer willkommen
Über seltene Gäste freuen sich Vogelfreunde natürlich besonders jetzt im Winter. Da muss man sich halt die Zeit nehmen, um hinzuschauen, wer alles beim Futterhaus Platz nimmt. Schwanzmeisen, Kernbeißer, Gimpel, Bergfinken - das sind alles Wintergäste, über die sich Vogelfreunde begeistern können. Aber auch nach den Stammgästen, den Spatzen und Amseln oder dem ein oder anderen Rotkehlchen, hält der interessierte Hobby-Ornithologe Ausschau.

Christiane Böhm
Ein naturnaher Garten mit viel Struktur, großen Bäumen und dichtem Buschwerk. Hier fühlen sich Vögel wohl
Frühes Frühjahr und los geht´s?
Lassen sich unsere Vögel eigentlich von milden Frühlingstagen mitten im Winter verlocken? Fallen sie herein und beginnen früher mit dem Singen, um ihr Revier abzugrenzen und dem Nestbauen? "Wenn die Vögel schon jetzt im Februar wieder zwitschern ist das durchaus normal," sagt Christiane Böhm.“ Aber sie lassen sich nicht nur von der Temperatur leiten, sondern auch vom Tageslicht. Wenn die Tage länger werden, können sie sicher sein, dass das Frühjahr nicht mehr weit ist. In den Städten beginnen Vögel generell früher zu singen, weil es heller und auch wärmer ist. In den vergangenen Jahren hat sich das Verhalten der Vögel tatsächlich um zehn bis vierzehn Tage nach vorne verschoben. Die Vögel beginnen früher mit Reviergründungen und der Brut. Und im März kehren dann ja schon die „Mittelmehrurlauber“ zurück. Spannend ist es also das ganze Jahr in den Tiroler Gärten!
Lydia Gallo Gau; tirol.ORF.at