Theaterkritiker von Anzengruber-Stück angetan
In der Regie des Staner Schauspielers Martin Leutgeb kann sich die Bauerkomödie mit Tiefgang voll entfalten. „Das Stück erfährt durch die pfiffige Regie eine gewaltige Aufwertung – könnte gar nicht besser sein“, war einer der Theaterkritiker überzeugt. Ohne Regiemätzchen aber mit vielen stimmigen Details und Ideen wird die Geschichte vom alten Bauern Grillhofer, den sein Gewissen wegen eines nicht vergessenen Seitensprungs plagt, auf die Bühne gestellt.

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Beeindruckende Ensemble-Leistung der Dorfbühne Stans im „G´wissenswurm“ von Ludwig Anzengruber.
Transportunternehmer Hubert Troppmair als Grillhofer und Alois Kirchler als sein Peiniger „Dusterer“ sind ein ausgezeichnetes Duo, ebenso überzeugend ist die Leistung des gesamten Ensembles, hinreißend komisch z.B. Peter Steinlechner als Poltner. „Die Stimmung im Saal war super“, „die schauspielerische Leistung steht jener, die vor ein paar Jahren im bayrischen Fernsehen gezeigt wurde, nichts nach", meinte ein Herr zur Leistung der Amateure der Dorfbühne Stans.
Die Bewertung der Theaterkritiker
Darsteller: 1,0
Bühnenbild: 1,58
Regie: 1,19
Kostüme:1,35
Atmosphäre: 1,54
Kommentare aus dem Publikum: „Für Laienspieler grandios“, „wenig Platz, sehr eng“, „für ein 140 Jahre altes Stück sehr ideenreich umgesetzt“, „am Beginn vom 2. Akt zu blödelnd“, „Strickhauben passen nicht ins Stück“, „ein schweres Stück mit Leichtigkeit gespielt - Gratulation!“ , „die Scheinheiligkeit ist sehr gut rüber gekommen“, „trotz des abrupten Beginns konnte man gut in das Stück finden und ich war begeistert! Gratuliere!“
Der „G’wissenswurm“ ist ein Volksstückklassiker. Am 28. September 2014 um 18.00 Uhr gab es eine Vorführung für die Radio Tirol Theaterkritiker. Mitmachen kann jeder - Werden Sie ORF Tirol Theaterkritiker!
Bauernkomödie in drei Akten
Ein lediges Kind plagt das Gewissen des alten Grillhofer, viele Jahre nach dessen Geburt: der „G´wissenswurm“ hat Ludwig Anzengruber, der große österreichische Dramatiker, als Bauernkomödie angelegt, und es wurde sein meistgespieltes Lustspiel, das immer noch auf den Spielplänen zu finden ist. Schon Peter Rosegger hat es bewundert.
Die Premiere war am 19.September, genau 140 Jahre nach der Uraufführung im Theater an der Wien im Jahre 1874. Gespielt wird bis 19. Oktober. „Der G’wissenswurm“ ist das in Deutschland meistgespielte Lustspiel Anzengrubers, das Stück wurde mehrfach verfilmt, unter anderem 1962 mit Max Grießer. Schon während der Niederschrift bewunderte Peter Rosegger den Text und mutmaßte, der Autor habe dreimal sieben Jahre bei einem oberbayerischen Bauern als Altknecht gedient.

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Die Theatergruppe Stans beim Proben
Genau 140 Jahre nach der Uraufführung zeigt die Theatergruppe Stans, dass dieses Stück heute noch aktuell gelesen werden kann. Regie führt der Schauspieler Martin Leutgeb, der die Theatergruppe Stans vor vielen Jahren gegründet hat und ihr trotz seiner Schauspielerkarriere noch immer verbunden ist.
Zur Biografie Anzengrubers
Ludwig Anzengruber (1839-1889) gilt als bedeutender Dramatiker des österreichischen Volksstücks in der Tradition Johann Nestroys und Ferdinand Raimunds. Mit dem Stück „Der Pfarrer von Kirchfeld“ gelang dem bis dahin erfolglosen Schauspieler kleiner Rollen 1870 der Durchbruch, es macht ihn quasi über Nacht berühmt. Heinrich Laube, der Leiter des Burgtheaters, schrieb eine enthusiastische Kritik, Peter Rosegger suchte die Freundschaft Anzengrubers.
Auch Anzengrubers nächste Stücke „Der Meineidbauer“ und „Die Kreuzelschreiber“ waren sehr erfolgreich und wurden in ganz Europa aufgeführt. Anzengruber wurde von Zeitgenossen wie Theodor Fontane oder auch Friedrich Engels hoch geschätzt. Er verstand sich als Volksaufklärer und Sozialreformer, liberal und antiklerikal eingestellt; er wollte die Welt entgöttern und vermenschlichen. Heute wird Anzengrubers Werk als demokratische Alternative zur Heimatliteratur seiner Zeit gewürdigt. Anzengruber starb früh an den Folgen einer Blutvergiftung.
Sendungshinweis:
„Radio Tirol am Vormittag“,
29. 9. 2014
Regisseur Martin Leutgeb
Martin Leutgeb, der die Theatergruppe Stans gegründet hat, hat seine Leidenschaft für das Theater zum Beruf gemacht. Die Schauspielausbildung hat er bei Sonja Wlasak-Höfer gemacht und war dann am Tiroler Landestheater engagiert. Über Salzburg kam er dann nach Deutschland, Martin Leutgeb spielte schon an Häusern wie den Staatstheatern Saarbrücken und Stuttgart, dem Theater in der Josefstadt, dem Thalia Theater Hamburg und dem Deutschen Theater in Berlin. Zu seinen Rollen zählen Danton, Wilhelm Tell, Bassa Selim, Falstaff, Tarfuffe und zuletzt der Frosch in der Fledermaus am Staatstheater Saarbrücken. In den letzten Jahren zog es Leutgeb vermehrt zum Film, z. B ist er in der Serie „Copstories“ als Polizist zu sehen. Auch als Autor ist Martin Leutgeb inzwischen aktiv.
Die Schauspieler
Die Theatergruppe Stans besteht derzeit aus 34 Mitgliedern. Zum Gelingen der Aufführung „Der G‘wissenwurm“ tragen 19 Theaterbegeistere bei. Das Ensemble setzt sich aus den unterschiedlichsten Alters- und Berufsgruppen zusammen.
Automechaniker, Kaufmann, Käserin, Lehrerin, Unternehmer, Pensionisten, Studenten, Soldat, Hundefriseurin usw. Eine bunte Truppe, die mit großer Freude und enormen Arbeitseinsatz, für den Erfolg und den Fortbestand der Theatergruppe sorgt. Besonders freut man sich in Stans über den Nachwuchs. Alleine in der Aufführung „Der G‘wissenswurm“ sind sechs neue Mitglieder zu bewundern.