Experte fordert Hilfe für Alkoholkranke in Firmen

Ein Tiroler Experte für Alkoholsuchtprävention in Betrieben will den Unternehmen ein Stufenmodell ans Herz legen. Bei diesem werde der Druck auf den alkoholkranken Mitarbeiter Stufe für Stufe auf wertschätzende Weise erhöht, heißt es.

Dieser Stufenplan sieht zuerst ein Vier-Augen-Gespräch zwischen dem betroffenen Mitarbeiter und einer Führungskraft vor, erklärte Harald Golser von der Organisation „kontakt+co“ am Montag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Sollten die in diesem Gespräch getroffenen Vereinbarungen nicht eingehalten werden, müsse dann ein höherer Vorgesetzter hinzugezogen werden, erklärte der Experte das Modell. Der letzte Weg seien dann Konsequenzen wie eine Kündigung.

Alkoholkonsum im Rahmen der Arbeit hinterfragen

Darüber hinaus forderte der Präventions-Experte eindeutige Definitionen im Betrieb, was Alkoholkonsum bei Jubiläums- oder Geburtstagsfeiern in Unternehmen betrifft. Eine klare und im Betrieb kundgemachte Vereinbarung, dass kein Alkohol am Arbeitsplatz geduldet sei, hielt Golser zudem für hilfreich. Einen Fahrplan für „Akut-Interventionen“ bei Alkohol-Beeinträchtigung eines Mitarbeiters und die damit verbundene „Abwendung der Gefährdung“, etwa indem man diesen nach Hause schickt, sei ein weitere wichtige innerbetriebliche Maßnahme. Es müsse Coachings für Führungskräfte geben, damit diese auf „klare Rezepte“ zurückgreifen können, so Golser.

Signale auf Missbrauch deuten

Signale für Alkoholprobleme von Mitarbeitern gebe es jedenfalls zuhauf, meinte Golser. Dazu gehörten beispielsweise Kurzzeitkrankenstände. Auch ein verändertes Verhalten gegenüber Kollegen oder die Verlangsamung bei Arbeitsabläufen seien Indizien. Ein Problem in diesem Zusammenhang sei aber die Vertuschung dieser Indizien, an der oft auch Ehepartner oder Kollegen beteiligt sind. „Das geschieht beispielsweise, wenn die Ehefrau am Montag anruft und den vermeintlichen grippalen Effekt des Mannes verkündet“, nannte Golser ein konkretes Beispiel.

30.000 Tirolerinnen und Tiroler alkoholkrank

Dass alkoholkranke Mitarbeiter auch in Betrieben ein Problem sein können, legen jedenfalls die Gesamtzahlen der alkoholkranken Menschen in Tirol und Österreich nahe. „In Tirol sind 30.000 Menschen alkoholkrank, in Österreich sind es rund 370.000“, nannte Christian Haring, Obmann des Vereins BIN (Beratung, Information, Nachsorge), annähernd dieselben Zahlen wie in den vergangenen Jahren. Darüber hinaus seien 60.000 Menschen in Tirol „alkoholbetroffen“, so Haring weiter.

0,6 Liter Bier bei Männern und 0,4 Liter Bier täglich bei Frauen beschrieb Haring diesbezüglich als „Geringfügigkeitsgrenze“. Wenn dieser Wert um das Dreifache überschritten werde, spreche man tendenziell von einer Abhängigkeit, berichtete der BIN-Obmann. Unter anderem auf diese Grenze möchte man im Rahmen der vom 20. bis 24. Mai auch in Tirol stattfindenden „Dialogwoche Alkohol“ hinweisen.

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