Saubere Sache: Ohne Windeln groß werden
Babys, die von ihren Eltern windelfrei erzogen werden, machen auf nichtsprachlichem Weg über ihr Bedürfnis aufmerksam. Sie werden dann von ihren Eltern über eine Schüssel, das Waschbecken, später über das Klo abgehalten. Dabei lehnen sich Säuglinge mit dem Rücken an den Bauch von Mutter oder Vater, die Beine des Kindes werden angezogen ähnlich wie beim Hocken.
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Windelfreie Erziehung ist älter als Windel
Auch im Innsbrucker Eltern-Kind-Zentrum gibt es seit Jahren Kurse für Interessierte. Kursleiterin Michaela Arquilliere, selbst Mutter von vier überwiegend windelfrei erzogenen Kindern, ist oft mit Irrtümern konfrontiert, z.B. dass Babys keine Kontrolle über ihre Schließmuskeln hätten.
Diese natürliche Säuglingspflege werde weltweit praktiziert, in vielen Bereichen der Erde sind Windeln nicht verfügbar - z.B. in Afrika oder in kalten Regionen wie bei den Inuit. Arquilliere konstatiert gerade für diese Regionen ein steigendes Engagement der Windelhersteller. Pro Jahr besuchen allein in Innsbruck rund 20 Interessierte ihre Kurse.
„Unten ohne“ schafft ausgeprägte Kommunikation
Hintergrund der windelfreien Erziehung sind weder Müllvermeidung noch rigide Sauberkeitsvorstellungen, sondern eine vertieftes Verständnis der Eltern-Kind-Beziehung. „Auch Säuglinge teilen sich mit, und Eltern, die sich darauf einlassen wollen, entwickeln z.B. über das Tragen des Kindes ein sehr feines Sensorium für ihr Kind.“
Wickeltisch birgt interessante Beobachtungen
Zufällig in die windelfreie Erziehung gestolpert sind Alexander und Susan, die auf der Suche nach Stoffwindeln von einer Verkäuferin über die Möglichkeit „unten ohne“ informiert wurden. Zunächst schlossen die beiden das als absurden Vorschlag aus. Wenige Wochen nach der Geburt ihrer Tochter Olivia bemerkte Susan dann auffallende Regelmäßigkeiten - das Baby pinkelte immer am Wickeltisch, kaum wurde die Windel abgenommen - und startete das Experiment.
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Olivia ist mittlerweile 16 Monate, meistens windelfrei und kooperiert mit den Eltern. „Sie möchte uns nicht anpinkeln oder so, als sie noch im Tragetuch war, hat sie durch Zappeln und Jammern signalisiert ‚Jetzt kommt was‘. Die ‚Unfälle‘ in knapp eineinhalb Jahren können wir an einer Hand abzählen“, berichtet Susan. Alexander plant seine Wege mit Baby in die Stadt mittlerweile entlang der WC-Möglichkeiten unterwegs.
Überraschende Erkenntnis für die Eltern: Mit Body und Strampler kann man nicht aufs Klo gehen, aber Säuglingskleidung für windelfreie Erziehung bietet der Markt nicht. So nähten die beiden die ersten Unterhosen für Olivia kurzerhand selbst.
Windel für alle Fälle
Sowohl Michaela Arquilliere als auch Susan und Alexander empfehlen interessierten Eltern, die Sache entspannt anzugehen und „teilzeit-windelfrei“ anzupeilen. Auf langen Autofahrten, bei Krankheit oder zu Besuch bei Oma und Opa kann eine Windel alle Beteiligten entspannen.