Versicherer: Kuh-Urteil ist „überzogen“

Der Fachverband der Versicherungsmakler hat am Donnerstag das Tiroler Kuh-Urteil als „überzogen“ kritisiert und gewarnt: Juristen sollten keine „amerikanischen Zustände“ zulassen. Bestehende Versicherungslösungen würden derartige Vorfälle ausreichend abdecken.

Der betroffene Bauer in Tirol sei versichert und ein möglicher Schadensersatz voraussichtlich gedeckt, sollte das Urteil in nächster Instanz halten, sagte Christoph Berghammer, Fachverbandsobmann der Versicherungsmakler, im APA-Gespräch. „Überzogene Judikaturen“ führten aber mittelfristig zu steigenden Versicherungsprämien - und zwar für alle. „Die Schreckensszenarien, die wir aus Amerika kennen, sollten unseren Gerichten und Politikern als Warnung dienen“, so Berghammer. Das nicht rechtskräftige Urteil gefährde den Tourismus und die Almwirtschaft.

Entsprechende Versicherung sollte abdecken

Eine Haftpflichtversicherung, wie sie land- oder forstwirtschaftliche Betriebe üblicherweise abschließen, soll Ansprüche in Folge von Personen-, Sach- und Vermögensschäden abwehren, Gerichtskosten decken und bis zu einer bestimmten Versicherungssumme Schadenersatz abdecken. Im Allgemeinen ist die Versicherungssumme auf 1,5 Millionen Euro, aber in vielen Fällen auch auf deutlich mehr ausgelegt, erklärte der Fachverband.

Nur wenn im Vorfeld klar ist, ob es sich um einen Bauernhof mit oder ohne Almen handelt, ob der Weidebereich in der Verantwortung eines Bauern oder einer Agrargemeinschaft bzw. einer Weidegemeinschaft liegt, kann die passende Versicherung abgeschlossen werden. „Richtig Versichern“ sei mehr als eine Marketingfloskel, sondern im Schadensfall zeige sich, „ob die Deckung und Versicherungssumme ausreicht und man im wahrsten Sinne des Wortes draufzahlt oder nicht“, wurde in der Aussendung erklärt. Eine umfassende Beratung von Experten sei im Vorfeld zu empfehlen, riet der Fachverband.

Berg-und Kleinbauern sind wütend

Die Vereinigung der Österreichischen Berg- und Kleinbauern (ÖBV) verlautete in einer Aussendung: „Angst und Wut sind schlechte Ratgeber, aber es braucht klare Regelungen. Wir wollen, dass Almen Orte guten Lebens sein können. Das beinhaltet Sicherheit für alle, aber auch Verantwortung von allen“, sagte Obmann Johann Kriechbaum. Klare gesetzliche Regelungen seien wichtig, weil sie Klarheit schaffen. „Sie müssen aber mit der Realität der Almwirtschaft übereinstimmen. Mehr Zäune wären mit einem enormen Aufwand verbunden und zerschneiden die Almgebiete weiter - auch für die Wildtiere. Unfälle mit Tieren können nicht restlos ausgeschlossen werden, doch das Risiko darf nicht einseitig bei den Bauern und Bäuerinnen liegen. Auch über Hunde auf der Alm muss diskutiert werden.“

Kuhherde auf Alm

APA/Barbara Gindl

Es sind vorwiegend Berg- und Kleinbauern, die in Tirol für die Weidetiere verantwortlich sind.

Ausgangspunkt sei allzu oft eine verzerrte Realität. „Das Ergebnis: Bäuerliche Betriebe müssen dann als letztes Glied in der Kette für vieles herhalten, ohne dafür honoriert zu werden. Der Ablauf folgt immer dem gleichen Muster: Aus Ansprüchen werden Auflagen, Kontrollen und Haftungen für Bauern und Bäuerinnen - und fallweise folgen einseitige Schuldzuweisungen und Strafen. Das kann schnell existenzbedrohend werden, oft ist es jedoch schlicht ungerecht. Gerade dann, wenn zugleich die bäuerlichen Einkommen laufend sinken und die Agrarpolitik Intensivbetriebe in den Gunstlagen bevorzugt“, kritisierte die ÖBV.

Runder Tisch sprach sich für Versicherung aus

Ein runder Tisch zu der Causa hatte am Mittwoch in Innsbruck mit den erwarteten Ergebnissen geendet. So wurden ein umfassender Versicherungsschutz für Landwirte sowie Nachschärfungen im bundes- und landesgesetzlichen Bereich angekündigt. Die Notwendigkeit von gesetzlichen Nachschärfungen hatte zuvor auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betont - mehr dazu in Kuh-Attacke: Versicherungsschutz für Bauern und Kurz kündigt gesetzliche Nachschärfungen an.

Den Anlass gab ein tödlicher Unfall auf der Pinnisalm im Stubai 2014. Eine Frau wurde von einer Kuhherde zu Tode getrampelt. Ein zivilgerichtliches Urteil kam vor einer Woche zu dem Schluss, dass der zuständige Bauer hätte einen Zaun errichten können, um Vorfälle wie diese zu verhindern. Das Erstaunen war groß - mehr dazu in Kuh-Attacke: Urteil wie Bombe eingeschlagen.