Strafen für Wintersportler umstritten

Die Forderung nach strengeren Strafen für fahrlässige Wintersportler stößt auf Widerstand. Im Gegensatz zur Forderung des Landtagsabgeordneten Anton Mattle (ÖVP) sehen viele Experten keinen rechtlichen Handlungsbedarf.

In letzter Zeit mussten in Tirol einige Male Skifahrer bzw. Snowboarder bei hoher Lawinengefahr von der Bergrettung im freien Skiraum gerettet werden. Für den Galtürer Bürgermeister und Landtagsvizepräsidenten Mattle war das Anlass, strengere Strafen bei fahrlässigem Verhalten zu fordern. Strafen gibt es derzeit, wenn durch fahrlässiges Verhalten Menschen zu Schaden kommen oder gefährdet wurden. Wenn aber niemand konkret gefährdet wird, liege kein strafrechtlicher Tatbestand vor, sagt Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck.

Lawinenabgang Tux Toter

Zoom.Tirol

Diskussion um Strafe für grobe Fahrlässigkeit ohne Folgen

Mattle fordert strafrechtlichen Tatbestand

Die derzeit möglichen Strafen würden nicht abschreckend wirken, sagte Mattle. Man müsse einen strafrechtlichen Tatbestand in die Rechtsmaterie hinein formulieren. „Ich gehe schon davon aus, dass eine Strafe auch etwas Abschreckendes ist“, sagte Mattle. Damit habe man auch der Gesellschaft etwas Gutes getan. Die Berge sollten ein Symbol der Freiheit sein, und man könne nicht alles reglementieren, „aber wenn man wirklich grob fahrlässig handelt, dann muss man auch die Gesellschaft schützen“, sagte Mattle, der auch Stellvertretender Landesleiter der Tiroler Bergrettung ist.

Bergretter nicht einer Meinung

Innerhalb der Tiroler Bergrettung wird Mattles Meinung nicht unbedingt geteilt. Der Leiter der Tiroler Bergrettung, Hermann Spiegl, sagte, er empfinde die bestehenden gesetzlichen Vorgaben als ausreichend. Eine stärkere gesetzliche Absicherung würde auch Schattenseiten mit sich bringen und ein gegenseitiges Beschuldigen und Denunzieren fördern, so Spiegl.

ÖAV-Präsident warnt vor Anlassgesetzgebung

Auch der Präsident des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV), Andreas Ermacora, sieht die derzeitige Rechtslage als ausreichend. Grundsätzlich setze man beim Alpenverein auf Prävention und Ausbildung. Erfahrungsgemäß reiche Strafe allein nicht aus, jemanden vor einer unerlaubten Handlung zu schützen, so Ermacora.

Wenn jemand in einen gesperrten Hang über eine Piste hineinfahre und die Skifahrer darunter gefährde, dann reiche das jetzige Gesetz schon aus, um ihn bestrafen zu können, so der Alpenvereinspräsident und Rechtsanwalt. Er sei gegen Schnellschüsse und eine Anlassgesetzgebung, bei der alles über einen Kamm geschoren werde. Mattle konterte auf das Argument der Anlassgesetzgebung, es passiere öfter im Leben, dass zuerst etwas passieren muss und man dann darauf reagiert.

Gabl ebenfalls gegen neue Gesetze

Der Präsident des Kuratoriums für Alpine Sicherheit, Karl Gabl, sieht ebenfalls keinen Bedarf für neue Gesetze. Er könne sich ortspolizeiliche Verordnungen vorstellen, etwa um das Befahren gesperrter Pisten in den Griff zu bekommen oder wenn Leute notorisch durch einen Bannwald abfahren. Das Skifahren solle aber möglichst straf- und gesetzesfrei sein und Freude machen.

Kritik an Rechtslage in Italien

Von der italienischen Gesetzgebung, die Gefängnisstrafen für Auslöser von Lawinen vorsieht, hält Gabl „gar nichts“. Die werde in Rom von total sportfremden Leuten gemacht. Hier müsse man die Justiz in Österreich loben, so Gabl. „Man braucht sich überhaupt nicht fürchten, wenn man sich normal benimmt“, man habe auch eine ausgezeichnete Rechtsprechung, die fachlich fundiert zu Werke gehe.

In Italien gab es diesbezüglich schon einige Verurteilungen. 2005 wurde der Fall des Südtiroler Bergführers Kuno Kaserer bekannt. Er hatte eine Lawine ausgelöst, durch die aber niemand verletzt wurde. Der Richter interpretierte die gemeinhin als Hinweisschild geltende Tafel „Lawinengefahr“ als Verbotsschild. Kaserer fasste acht Monate bedingt aus und musste für die Prozesskosten von 40.000 Euro aufkommen. Acht Monate Gefängnis setzte es für einen deutschen Bergführer nach einem Lawinenabgang im März 2017 im Aostatal. Bei dem Lawinenabgang wurden 18 Tourengeher mitgerissen, drei kamen ums Leben.

Hermann Hammer; tirol.ORF.at