Tiroler forscht am Schnee der Zukunft

Skifahren ohne maschinell erzeugten Schnee ist in vielen Skigebieten unmöglich. Das Schneezentrum Tirol forscht daran, wann und wie viel Schnee ein Skigebiet produzieren soll. Ziel ist, den nötigen Schnee billiger herstellen zu können.

Die Produktion von Schnee benötigt derzeit noch viel Wasser und Strom und ist damit entsprechend teuer. Knapp 114 Millionen Euro werden die österreichischen Seilbahnen in dieser Saison in die Beschneiung der Pisten investieren, schätzt man vom Fachverband der Seilbahnen. Knapp 70 Prozent der Pisten können und müssen teilweise auch beschneit werden. Pro Hektar Skipiste sind rund 3.000 Kubikmeter Wasser nötig.

Seit 2016 beschäftigt sich das Schneezentrum Tirol mit der ökologischen und ökonomischen Optimierung des Wintersports. Damit soll zum einen die Frage beantwortet werden, wann ein Skigebiet wieviel Schnee produzieren soll, und zum anderen wird daran geforscht, ob man Schnee nicht effizienter produzieren kann, als das heute geschieht.

Schneeproduktion

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Wann soll wo wieviel Schnee erzeugt werden?

Ökologisches und ökonomisches Handel

Die Kosten für technische Schneeerzeugung liegen bei knapp einem Viertel des Jahresumsatzes eines Skigebietes, so Michael Rothleitner vom Schneezentrum Tirol. Es sei daher offensichtlich und nachvollziehbar, dass Seilbahnunternehmen großes Interesse daran hätten, in diesem Bereich zu sparen. Dabei müsse klar sein, dass sich ökologisches und ökonomisches Handeln nicht ausschließen, so der Experte. Ein ökologisch optimierter Ressourceneinsatz - also mit möglichst wenig Wasser - führe auch dazu, dass sich ein ökonomisches Einsparpotenzial ergibt.

Ziel 50 Prozent Ersparnis

Bei den Forschungen kümmere man sich zum einen darum, eine Strategie für ein Skigebiet zu entwickeln, wann wo und wieviel Schnee in dem Gebiet erzeugt werden müsse. Es sei ein Unterschied, ob man den Schnee auf einem windausgesetzten Kamm oder in einer geschützten Waldschneise erzeugen müsse. Daher müsse man sich überlegen, ob es auf beiden Pistenabschnitten gleich viel Schnee brauche.

Michael Rothleitner

Schneezentrum Tirol

Michael Rothleitner

Entwickle ein Skigebiet ein sehr feingliedriges Schneemanagementprogramm, liege das Einsparpotenzial bei 25 Prozent der Kosten. Das große Problem der Skigebiete liege an nicht ausreichend guten Wetterprognosen. Insbesondere die Windprognose lasse noch sehr zu wünschen übrig. Der zweite Bereich liege in der Frage der technischen Entwicklung. Es gebe große Schätzungen aus der Forschung. Die Verdunstungsrate könne während der technischen Schneeproduktion bis zu 30 Prozent betragen. Könnte man dort die Hälfte einsparen, hätte man 15 Prozent mehr Ausbeute.

Zusammengezählt – 25 Prozent im Management und 15 Prozent in der Technologie - liege man da bei 40 Prozent Ersparnis. Weil man aber nach den Sternen greife, sei das Ziel 50 Prozent Ersparnis, so Rothleitner.

Aus Wasser wird nur zum Teil Schnee

Schneekanonen arbeiten mit einer gewissen Menge an Energie, der Output ist dabei je nach Umweltbedingungen unterschiedlich. Ein Teil des Wassers soll – das sei das Ziel in der technischen Schneeerzeugung – zu Schnee werden. Nebenbei bleibt aber ein großer Teil flüssig, ein anderer Teil verdunstet sogar, was teilweise auch gewünscht ist, weil dadurch Kälte entsteht. Wie Michael Rothleitner vom Schneezentrum Tirol informiert, laufe die Forschung in die Richtung diese Verhältnisse zu verändern, damit der technische Schneeanteil möglichst groß werde.

Was passiert mit dem Wasser

Schneezentrum Tirol

Ein Teil des Wassers verdunstet (gelb), ein Teil gefriert (blau) und ein Teil bleibt flüssig (rot)

Düsengeometrie bestimmt Verhältnis

Dieses Verhältnis könne man allein durch die Düsengeometrie verändern. Bei feineren Düsen seien die Tröpfchengrößen kleiner und könnten daher leichter frieren. Allerdings hätten sie den großen Nachteil, dass sie windanfälliger sind. Leichter Wind genüge bereits, um die Tröpfchen zu vertragen. Diesen Effekt wolle man im Skigebiet aber nicht haben, da der Schnee ja auf der Piste liegen soll.

Schneekanone

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Das richtige Einstellen der Düsengeometrie ist entscheidend

Es kommt auf die Feuchtkugeltemperatur an

Der Zeitpunkt der Beschneiung orientiere sich nicht an der Lufttemperatur sondern an einer Rechengröße, die Feuchtkugeltemperatur genannt wird, so Michael Rothleitner. Dabei handle es sich um einen Mix aus Lufttemperatur und Feuchtigkeit. Je trockener die Luft sei, desto mehr Wasserdampf könne sie aufnehmen. Dadurch entziehe sie diesem Wasserspray Energie, und das übrige Wasser könne frieren.

Ab minus 4 Grad Feuchtkugeltemperatur sei im Normalfall der ideale Zeitpunkt zur Erzeugung von Schnee, in Problembereichen könne man schon bei einem Grad Feuchtkugeltemperatur Schnee produzieren. Damit könne es aber durchaus eine Plustemperatur der Luft geben, es müsse als Ausgleich sehr trocken sein. Aber an sich werde bei solchen Temperaturen ohnehin nicht beschneit, da es keinen Sinn mache, Schnee zu erzeugen, der dann am Boden liegend sofort wieder taue.

Technischer Schnee vergleichbar mit Styropor

Würde der maschinell erzeugte Schnee einfach nur produziert, würde er durch seinen höheren Wassergehalt auch länger auf der Piste liegen bleiben. Doch in der Praxis würden sowohl der natürlich als auch der maschinell erzeugte Schnee mit Geräten präpariert und dabei verdichtet. Für die Dauer der Haltbarkeit sei die Verdichtung ausschlaggebend, weil auch der Naturschnee, wenn er mit einem Pistengerät ausreichend oft verdichtet wurde, schlussendlich den gleichen Wassergehalt hat wie der technisch erzeugte Schnee.

Sehr feucht produzierter technischer Schnee bilde eher Eisplatten, die vollen Einsatz bei den Skifahrer erfordern würden. Sehr grober technischer Schnee fühle sich wie Styropor an. Sehr feiner technischer Schnee komme dem Naturschnee sehr nahe. Doch diese Flauschigkeit und dieses angenehme Gefühl erreiche man sicher nicht. Allerdings bleibe diese Feinfühligkeit vielen Skifahrern ohnehin verborgen, so Rothleitner.

Forschen im Freiluftlabor im Kühtai

Wenn man in einer großen Halle Schneeversuche machen würde, habe man das Problem, dass durch die Verdunstung sofort eine Feuchtigkeitssättigung entstehe. Das seien jedoch Bedingungen, wie man sie in der Natur nie vorfinden würde. Daher müsse man eine Laborlandschaft im Freien bauen. Das mache man derzeit im Kühtai.

Untersuchung im Kühtai

Schneezentrum Tirol

Dann könne man eine konkrete Düse durchtesten und die Frage beantworten, wie hoch die Anteile von flüssigem, festem und verdunstendem Wasser bei welchen äußeren Bedingungen sind. Dann könne man in nieder gelegenen Skigebieten, wo die Temperaturen über den Winter tendenziell eher höher seien, andere Düsengeometrien verwenden als in höher gelegenen Gebieten, wo es kälter ist. Das werde derzeit nur zu einem Teil gemacht, da die Datenbasis fehlt.

Kein Einfluss auf Vegetation

Wie Studien aus vielen Skigebieten belegen würden, habe der Kunstschnee aber keinen Einfluss auf die Qualität der Wiese darunter. Da der technische Schnee auf den Skipisten in der Regel mit einer Dichte von ungefähr 400 Kilo pro Kubikmeter zum Einsatz komme, gelange noch ausreichend Luft auf den Boden.

Schneekanone

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Natürlich gefallener und maschinell erzeugter Schnee werden auf den Pisten komprimiert

Man habe sich in den Skigebieten die Vegetation auf der Piste angesehen, ebenso den Zustand der Flächen im angrenzenden Skiraum, der noch präpariert aber nicht beschneit wurde, und die Qualität der Wiesen im angrenzenden Skiraum, der abgesehen von Skifahrern gänzlich unberührt blieb, dort hätten sich keine Unterschiede ergeben, fasste Rothleitner die Studien zusammen.

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