Grünes Wahldebakel: Felipe unter Druck

Nach der herben Wahlniederlage der Grünen gerät Bundessprecherin Ingrid Felipe unter Druck. Es werden bereits erste Rücktrittsforderungen laut. Auch in Tirol will man das Wahlergebnis „schonungslos“ diskutieren, heißt es.

Felipe übernahm die Bundesgrünen zu einem äußert schwierigen Zeitpunkt und das relativ knapp vor der Wahl. Eva Glawischnig war überraschend zurückgetreten, dann verlor man noch Peter Pilz. Dafür werde Felipe in irgendeiner Form Konsequenzen tragen müssen, glaubt der Politologe Ferdinand Karlhofer - allein schon deshalb, weil die starke Wiener Parteiorganisation vermutlich sie infrage stellen werde.

Erste Rufe nach Köpferollen wurden laut

Die ersten Rücktrittsforderungen kamen am Montag dann tatsächlich aus Wien. Der Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, der wichtigsten Hochburg der Wiener Grünen, Thomas Blimlinger, forderte den Rücktritt des Bundesvorstands. Seiner Ansicht nach sind die Ursachen für den Absturz nicht alleine in den Ereignissen der vergangenen Monate zu sehen, sondern auch auf langjährige Fehler der Bundespartei zurückzuführen.

Auch der Wiener Landessprecher Joachim Kovacs plädierte für einen Neustart. „Dass es nicht so weitergehen kann, ist hoffentlich allen klar“, sagte er am Montag im APA-Gespräch.

Wahlgrafik

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Felipe verweist auf innerparteiliche Analysen

Nach der Wahlniederlage bei der Nationalratswahl hatte Felipe noch am Wahlabend in der ZIB2 bei Armin Wolf betont, keine Schnellschüsse machen zu wollen, bevor das Ergebnis nicht innerparteilich analysiert worden sei. Tatsache ist aber, dass das Wahldebakel neben dem möglichen Auszug aus dem Parlament auch finanzielle Folgen hätte. Wenn die Grünen nach 31 Jahren den Wiedereinzug ins Parlament verpassen, verlieren sie 8,9 Mio. Euro Fördergelder auf Bundesebene.

Ingrid Felipe im Gespräch mit Armin Wolf

Die Auswertung der Wahlkarten wird entscheiden, ob die Grünen den Einzug ins Parlament schaffen. Eine ausführliche Analyse für die schweren Verluste möchte Ingrid Felipe erst nach dem Endergebnis abgeben.

„Ich sage klipp und klar: Das ist ein Rückschlag, aber wir werden weiter kämpfen“, so Felipe. Österreich brauche eine „ökologische und solidarische Alternative zum rechten Mainstream“. Das seien die Grünen in „Hunderten Gemeinderäten, in allen Landtagen, in sechs Landesregierungen, im Bundesrat und im EU-Parlament“. „Wir werden weiter kämpfen“, so die grüne Bundessprecherin, die auch Landeshauptmannstellvertreterin in Tirol ist. „Die erste Chance für ein klares Signal, dass Österreich starke Grüne braucht, sind die Landtagswahlen im Frühjahr.“

Auch Tiroler Grüne haben Analysebedarf

Die Tiroler Grünen wollen nach der herben Niederlage bei der Nationalratswahl das Ergebnis „schonungslos analysieren“. Am Ende des Prozesses soll dann darüber entschieden werden, ob bzw. welche Personalentscheidungen folgen sollen, sagte Thimo Fiesel, Geschäftsführer der Tiroler Grünen, der APA am Montag.

„Derzeit zittern wir noch und hoffen auf die Minimalchance, den Einzug doch noch zu schaffen“, sagte Fiesel, räumte aber gleichzeitig ein, dass „nicht mehr viel Hoffnung da“ sei. Jetzt sei es aber jedenfalls „viel zu früh“, über Personalentscheidungen nachzudenken.

Im Hinblick auf die bei einem Nichteinzug und dem damit verbundenen Verlust der Parteienförderung drohende klamme Finanzsituation der Bundespartei meinte Fiesel: „Jetzt heißt es: zusammenstehen!“ Und man werde jedenfalls intern eine „solidarische Lösung“ suchen.

Mögliche Folgen auch für Tiroler Grüne

Dass Felipe auch bei den Tiroler Grünen zur Diskussion steht, glaubt Karlhofer weniger. Hier fehlten derzeit auch personelle Alternativen. Allerdings sieht er die Tiroler Grünen in unsicheren Gewässern - weil sie sich erstens in einer Schockstarre befänden und zweitens jetzt noch weniger sicher sein könnten, dass die ÖVP sie nach der kommenden Landtagswahl überhaupt noch als Koalitionspartner haben wolle.

Ergebnis Innsbruck

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Auch für Stadtgrüne wird es nicht leichter

Im Februar 2018 wird der neue Landtag gewählt, und schon zwei Monate danach wählt die Landeshauptstadt Bürgermeister und Gemeinderat. Für den grünen Spitzenkandidaten Georg Willi, der ambitionierte Ziele bei dieser Wahl hat, ist die Ausgangslage nicht leichter geworden - immerhin haben die Grünen auch in der Stadt über 17 Prozentpunkte verloren, dort war die SPÖ am Sonntag überraschend stärkste Kraft - wohl auch dank vieler grüner Wechselwähler, die aus taktischen Gründen diesmal die Sozialdemokraten gewählt hätten, so Karlhofer.

Nicht unwahrscheinlich, dass bei den kommenden Wahlen in Tirol Grünwähler wieder zu ihrer Stammpartei zurückkehren. Wie viel das sein werden, werde unter anderem davon abhängen - so Karlhofer -, wie rasch es den Tiroler Grünen jetzt gelinge, die herbe Wahlniederlage zu verdauen.

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