Tourismus vor notwendiger Umstellung

Der Tourismus gilt als sicherer Versorger in Tirol. Doch immer öfter stößt er an seine Grenzen. Ihm setzen der Klimawandel und die Abwanderung aus Tourismusorten stark zu. Alternative Ansätze werden künftig immer wichtiger.

Herausforderungen in Tirol

  • Jeder 14. Arbeitsplatz ist in Österreich vom Wintersport abhängig. In Tirol dürften es weitaus mehr Arbeitsplätze sein.
  • Studien von Global 2000 zeigen, dass sich der Alpenraum im globalen Vergleich überdurchschnittlich stark erwärmt.
  • Alpine Ökosysteme wie die Alpen reagieren besonders sensibel auf Veränderungen.

Schneesicherheit ist für Wintergäste einer der Hauptgründe für ihre Buchung. Der vergangene Winter zeigte in Tirol, dass es auch hier keine Garantie für Schnee gibt. Das ist nur eines der Probleme, mit denen sich Touristiker, Wirtschaftsexperten, Politiker und Wissenschafter heutzutage beschäftigen müssen. Dazu kommt, dass Tourismusorte mit hoher Abwanderung zu kämpfen haben. Arbeitsplätze im Tourismus sind bei Einheimischen nicht begehrt. Diese Entwicklung und die Folgen des Klimawandels stellen eine Herausforderung für den Tourismus dar.

Einseitiger Tourismus vor dem Ende

Auch in einer Podiumsdiskussion an der Universität Innsbruck, organisiert von Geografiestudenten, sind die Herausforderungen des Wintertourismus und die Versorgungssicherheit in den Alpen ein zentrales Thema. Wolfgang Pfefferkorn von der CIPRA International, einem Unternehmen, das sich für die nachhaltige Entwicklung der Alpen einsetzt, fasst es schließlich zusammen: „Orte, die heute noch einseitigen, ski-orientierten Tourismus machen, suchen sich besser heute als morgen Alternativen. Wer nur auf einem Bein steht, wird bald umfallen.“ Das betrifft gerade niedrig gelegene Gebiete, die in Zukunft nicht immer mit ausreichenden Schneemengen rechnen können.

Schneemangel Piste Muttereralm

ORF

Künstlich am Leben erhaltene Pisten werden vor allem in niedrig gelegenen Gebieten immer häufiger

Die Lösung sieht Pfefferkorn aber nicht in einem plötzlichen Rückzug aus dem Tourismus. „Das Ziel muss es sein, einen anderen Tourismus zu machen. Weg von einem Remidemmi-Tourismus hin zu einem sinnvolleren, nachhaltigeren Tourismus“.

Vorarlberger Modellregion als Beispiel

Ein Beispiel für einen solchen nachhaltigeren Tourismus ist das Große Walsertal in Vorarlberg. Dort wurde lange Zeit klassischer Skitourismus gelebt, mit Erfolg. Vor rund 20 Jahren war ein weiterer Ausbau der Skigebiete wegen der Lawinengefahr in dem Gebiet nicht mehr möglich, in Quantität und Qualität konnte das Große Walsertal da mit anderen Skigebieten nicht mehr mithalten. Man musste sich etwas Neues suchen. Das Große Walsertal stellte um: Auf nachhaltige Energie und nachhaltige Sportarten wie Skitouren-Gehen und Schneeschuhwanderungen.

Skitour auf die Wankspitze

Hubert Gogl

Weg vom klassischen Skitourismus hilft auch der Natur

Umstellung erfordert langen Atem

Heute ist das Große Walsertal ein UNESCO-zertifizierter Biosphärenpark, mit einem der höchsten Anteile an Photovoltaik und Solarfläche pro Kopf europaweit. Die Umstellung darauf war aber nicht einfach, erzählte Josef Türtscher, Obmann der REGIO Großes Walsertal. "Vor 15 Jahren, als wir umgestellt haben, war nachhaltiges Arbeiten nicht sehr verbreitet. Wir wussten nicht, was ein Biosphärenpark ist. Es hat viel Überzeugungsarbeit gekostet, dass sich die Touristiker bei uns darauf einlassen.

Heute hat sich der nachhaltige Tourismus in dem Gebiet durchgesetzt. „Experten sagen, dass das der Tourismus der Zukunft ist. Es gibt einen Wandel, weg von der Spaßgesellschaft hin zur Sinngesellschaft. Aber wir brauchen einen langen Atem“, ist sich Josef Türtscher sicher. Den Ischgl-Tourismus werde es noch lange geben, aber eben vermehrt auch Gebiete wie das Große Walsertal, so Türtscher.

Andere Probleme im Sommer

Dieser angesprochene Sinneswandel zeigt sich bereits im Sommertourismus. Der wird in Tirol immer stärker, die Berge boomen, die Rückkehr zur Natur wird auch jungen Menschen wieder wichtiger. Das zieht im Sommer nicht zu wenige Gäste, sondern zu viele auf den Berg. Hier kämpft der Alpenverein darum, eine Balance zwischen Natur und Tourismus zu finden, sagt Liliana Dagostin vom Alpenverein. „Wenn an einem Wochenende im Sellraintal auf zwei Bergen 1.000 Menschen unterwegs sind, ist das eine Belastung.“ Mit Lenkungsmaßnahmen wie speziell gekennzeichneten Wegen und Bereichen versucht der Alpenverein, in beliebten Gebieten noch Platz für unberührte Natur zu halten.

Wandertipp Taubensee

ORF/Hubert Gogl

An Schönwettertagen herrscht auf beliebten Wanderrouten Hochbetrieb

Die steigende Beliebtheit des Sommers erkannten viele Gebiete bereits, sie konzentrieren sich bereits jetzt stärker auf den Sommer und neue Trendsportarten wie Klettern oder Mountainbiken. Für die Experten bei der Podiumsdiskussion ist aber klar: Mit dem Sommertourismus kann nicht die gleiche Wertschöpfung wie mit dem Wintertourismus erreicht werden.

Kein Tourismus ohne Nachhaltigkeit

Der nachhaltige Umgang mit der Natur wird aber sowohl im Sommer als auch im Winter an Bedeutung gewinnen. Denn die Nachhaltigkeit wird künftig eine Grundbedingung sein, um den Tourismus in diesem Ausmaß weiter betreiben zu können.

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