Hitzesommer verdoppelte Gletscherschmelze

Der Alpenverein hat am Freitag den Gletscherbericht 2015 präsentiert. Die Gletscherrückgänge sind teils dramatisch. Waren es im letzten Jahr noch neun Prozent, die unverändert blieben, waren es im Vorjahr nur mehr drei Prozent.

Von den über 900 Gletschern in ganz Österreich wurden 88 vermessen, teilt der Alpenverein mit. Um fast 23 Meter zogen sich diese heimischen Gletscher im letzten Jahr durchschnittlich zurück. Am massivsten sei der Rückgang in den Zillertaler und Ötztaler Alpen, sagte Glaziologin Andrea Fischer, die den Gletscherbericht mit Dutzenden ehrenamtlichen Gletschermessern erstellte. „Unser heuriger Rekordhalter ist das Hornkees in den Zillertaler Alpen. Dort ist auch ein Teil der Zunge abgebrochen, und der Gletscher ist um 136 Meter zurückgegangen.“ Auf Platz zwei folgt der Gepatschferner, der ebenfalls über 100 Meter zurückgegangen sei. „Die Fließgeschwindigkeit ist drastisch gesunken. Dadurch zerfällt die Gletscherzunge in kleine Einzelteile, die dann sehr rasch schmelzen“, so Fischer.

Kesselwandferner und Gepatschferner vom Brandenburger Haus

Alpenverein/N. Span

Kesselwandferner und Gepatschferner

Der enorme Rückgang habe zwei Hauptgründe. „Wir hatten extrem hohe Sommertemperaturen, die um 2,3 Grad über dem langjährigen Durchschnitt lagen. Außerdem reichen die Gletscher für das derzeitige Klima noch sehr weit ins Tal hinunter und sind so besonders diesen hohen Temperaturen ausgesetzt. Die verstärkte Schmelze führt zu sehr dunklen Gletscheroberflächen und zu Zerfallserscheinungen an den Zungen“, erklärte Fischer.

Nur drei Prozent der Gletscher blieben gleich

„Waren es im letzten Jahr noch rund neun Prozent der Gletscher, die unverändert blieben, sind es heuer nur mehr drei Prozent“, so Fischer weiter. Weil es im Sommer keine Schneefälle am Gletscher gab, ist die Oberfläche durch Staub, Schmutz, Geröll verdunkelt – die Sonnenstrahlen werden somit weniger reflektiert, wodurch das Abschmelzen gesteigert wird.

Längenverluste Gletscher - Top Ten

Hornkees (Zillertaler Alpen) -136,0 Meter
Gepatschferner (Ötztaler Alpen) -121,5 Meter
Taschachferner (Ötztaler Alpen) -101,0 Meter
Niederjochferner (Ötztaler Alpen) -88,1 Meter
Schlatenkees (Venedigergruppe) -60,3 Meter
Schalfferner (Ötztaler Alpen) -56,0 Meter
Pasterze (Glocknergruppe) -54,4 Meter
Untersulzbachkees (Venedigergruppe) -50,0 Meter
Schmiedingerkees (Glocknergruppe) -39,6 Meter
Triebenkarlasferner (Ötztaler Alpen) -35,5 Meter
Durchschnittlicher Längenverlust aller gemessenen Gletscher: 22,6 Meter

Frischer Schnee bremst Schmelze

„Kaum fällt frischer Schnee, ist der Gletscher wieder hell und abgedeckt. Im Jahr 2015 sind diese Sommerschneefälle fast gänzlich ausgeblieben. Durch die große Schmelze wird auch noch mehr Material, das vorher im Eis gebunden war, wieder an die Oberfläche gebracht und wird für die Strahlung wirksam“, so Fischer.

Vergleich Pasterze 2012 - 1920

DI Norbet Freudenthaler

Die Pasterze 2012 und 1920

Steine und Felsen werden lose

Steine und Felsen, die Gletscher eigentlich stützen und zusammenhalten, werden durch den Rückgang lose. Das sorgt vor allem im Nahbereich der Gletscher für Probleme, etwa für Hütten und Wanderwege. Auf den Wasserhaushalt hat das Abschmelzen aber wenig Auswirkungen, da der Anteil des Gletscherwassers am gesamten Trinkwasser sehr gering ist. Österreichs größter Gletscher, die Pasterze, zog sich im letzten Sommer um 55 Meter zurück. Die Gletschermessungen des Alpenvereins finden seit mittlerweile 125 Jahren statt.

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