Martinsbühel als ewiges Mahnmal

Anlässlich eines Schwerpunkts Gewaltprävention haben sich am Montag Landtagsabgeordnete ein Bild von den ehemaligen Zustände im Landesheim Martinsbühel bei Zirl gemacht. Frauen, die dort ihre Kindheit verbringen mussten, erzählten von Gewalt und sexuellem Missbrauch durch Nonnen.

Unter dem Motto „Keine Zukunft ohne Aufarbeitung, ohne Erinnerung und ohne Versöhnung“ trafen sich Mitglieder des Tiroler und des Vorarlberger Landtags Montagnachmittag in Martinsbühel bei Zirl und wurden von zwei ehemaligen Heimbewohnerinnen und Historiker Horst Schreiber durch die Anlage geführt.

Jahrzehntelang Kinder gequält und missbraucht

Die Benediktinerinnen aus Scharnitz haben das Mädchenheim in Martinsbühel seit kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geführt. Bis zu 200 behinderte und nicht behinderte Kinder waren in Martinsbühel untergebracht und mussten hart arbeiten. Zwei ehemalige Bewohnerinnen kehrten am Montag für die Mitglieder des Landtages dorthin zurück und erinnerten sich an die schlimme Zeit: „Wichtig ist, dass die Leute wissen, dass hier Folter stattgefunden hat – Gewalt und Folter. Und das nicht nur an einem Tag oder hin und wieder, sondern tagtäglich über Jahrzehnte hinweg“, sagte Heidi Färber, ehemaliges Heimkind.

Duschraum Martinsbühel

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In diesen Kabinen wurden die Kinder mit eiskaltem Wasser abgespritzt

Psychoterror und sexuelle Gewalt

Beim Rundgang durch die Räume erzählte sie aus dem Alltag. Von Duschen, die nur dann verwendet wurden, wenn kalt duschen am Programm stand. Vom Strafestehen mit schmutziger Unterhose auf dem Kopf. Von sexuellen Übergriffen im Waschraum. Von der Dunkelkammer, in der die Mädchen oft bis zu drei Tage lang alleine eingesperrt waren. Der Missbrauch dauerte bis Mitte der 1980er-Jahre an.

Martinsbühel

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Bis zu drei Tage wurden die Kinder alleine in dieser Dunkelkammer eingesperrt

Pupp: „Wir dürfen niemals wegsehen“

Die Mitglieder der beiden Landtage zeigten sich betroffen. Wiedergutmachung sei nicht möglich, es müsse aber alles unternommen werden, damit die Betroffenen so weit wie möglich ein normales Leben führen können, sagt etwa Andrea Haselwanter-Schneider von der Liste Fritz. „Egal was passiert – wir dürfen niemals wegsehen. Wir müssen dafür sorgen, dass solche Dinge niemals mehr vorkommen. Wenn eine Möglichkeit besteht, diesen Menschen eine Form der Entschädigung zu geben, muss man versuchen, ihnen zu helfen“, so Thomas Pupp (SPÖ).

Es würden sich nach wie vor Betroffene melden, sagt Historiker Horst Schreiber: „Im Vergleich zu den ersten Jahren sind es weniger Menschen. Aber es ist gut, dass die Kommissionen noch geöffnet sind. Denn viele Menschen brauchen länger, um diesen Schritt zu wagen. Ich kenne viele, die sich nicht outen wollen.“ Seit 2008 steht Martinsbühel leer, die letzten Nonnen sind nach Scharnitz übersiedelt.

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