ÖGB: Absamer Bauer beutete Erntehelfer aus

Der Österreichischem Gewerkschaftsbund (ÖGB) Tirol hat am Donnerstag die massive Ausbeutung zweier rumänischer Arbeiter, die als Erntehelfer bei einem Absamer Bauern gemeldet waren, aufgezeigt. Der Bauer bestreitet die Vorwürfe.

Es gibt im Fall bereits eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft und das Angebot an den Arbeitgeber, vorenthaltene Lohnzahlungen nachzuzahlen. Die Gewerkschaft geht davon aus, dass es sich um keinen Einzelfall handelt.

Montag bis Sonntag, 6.00 bis 2.00 Uhr

Die zwei rumänischen Erntehelfer, 24 und 19 Jahre alt, traten am Donnerstag vor die Journalisten. Sie baten aus Angst vor möglichen Folgen für weitere Arbeitschancen darum, nicht fotografiert oder gefilmt zu werden. Laut ÖGB waren die Männer offiziell für 20 Stunden gemeldet. Sie hätten aber für nur 660 Euro bis zu 80 Stunden pro Woche gearbeitet, schilderte der 24-jährige Rumäne: „Wir haben Zwetschken gepflückt oder im Wald gearbeitet. Wir erledigten Malerarbeiten auf einer Baustelle und haben in der Gastronomie in der Küche gearbeitet. Wir haben von Montag bis Sonntag gearbeitet, von 6.00 Uhr bis 2.00 Uhr, manchmal auch bis 3.00 oder 4.00 Uhr.“

Vor einem Jahr ist in Thaur ein Erntehelferskandal aufgeflogen. Auch dort hatte ein Bauer seine Arbeiter nicht nach dem gültigen Kollektivvertrag bezahlt - mehr dazu in 50 Erntehelfer kündigten Arbeit auf. Die Erntehelfer demonstrierten und wurden in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber von der Landarbeiterkammer unterstützt. Nur drei Tage später erhielten sie das ihnen zustehende Geld - mehr dazu in Ausgebeutete Erntehelfer erhalten Nachzahlung.

ÖGB: „Das ist nur die Spitze des Eisbergs“

Aus dem Erntehelferskandal in Thaur hätten Tirols Bauern offensichtlich nichts gelernt, zeigte sich ÖGB-Funktionär und AK-Vorstandsmitglied Bernhard Höfler am Donnerstag empört: „Wir gehen von einer Summe von 56.000 Euro aus, die den beiden Betroffenen in den letzten zweieinhalb Jahren vorenthalten wurde. Unserer Einschätzung nach ist das die Spitze des Eisbergs, es gibt sicher noch weitere Betroffene. Und es gibt leider diese schwarzen Schafe, die auf das Sklaventum zurückgreifen und im 21. Jahrhundert noch nicht angekommen sind.“

Bauer wollte sich laut ÖGB nicht vergleichen

Der ÖGB wurde von aufmerksamen Bürgern in Absam über die Missstände informiert. Die Migranten selbst hätten oft keinen Mut, sich Hilfe zu holen, aus Angst vor Jobverlust, so Daniela Meichtry, die im ÖGB für Migranten zuständig ist. ÖGB-Jurist Xaver Zeilinger will auf jeden Fall erreichen, dass ausstehende Entlohnung wie im Thaurer Fall auch in Absam nachgezahlt wird: „Uns ist das Allerwichtigste, die rechtsrichtige Entlohnung der betroffenen Arbeitnehmer sicherzustellen. Unser Angebot, die Sache vergleichsweise zu bereinigen, steht. Wir sind nicht darauf erpicht, irgend jemanden vor Gericht zu zerren. Wir haben dem Arbeitgeber angeboten, die Sache gentlemanlike über die Bühne zu bringen. Das hat die Familie ausgeschlagen. Wir haben ihnen gesagt, was dann passiert. Das ist jetzt Fakt.“

Bauer: „Forderungen bestehen nicht zu Recht“

Zu den Vorwürfen des ÖGB Tirol gab der Absamer Landwirt am Donnerstagnachmittag eine schriftliche Stellungnahme ab. Es werde seitens des ÖGB Tirol offensichtlich versucht, über die Öffentlichkeit Druck auf ihn auszuüben, heißt es drin. Es gebe lückenlose Arbeitsaufzeichnungen, daraus gehe die tatsächliche Arbeitszeit der zwei Rumänen hervor. Der Landwirt will diese Aufzeichnungen nicht über die Medien offenlegen. Das werde „Gegenstand der Auseinandersetzung mit der Gewerkschaft“ sein. Aufgrund der Vorgangsweise sei jedenfalls damit zu rechnen, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht zu vermeiden sei, so der Absamer Landwirt.

Landwirtschaftskammer sieht Einzelfall

Für den Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Josef Hechenberger, ist eine zu geringe Bezahlung nicht zu entschuldigen, sie sei aber die Ausnahme. Hechenberger sagte in einer Reaktion, dass es bei vielen Kontrollen im vergangenen Jahr praktisch keine Ausreißer gegeben habe. „Die Kontrollen liegen aber nicht in unserer Hand, sondern werden vom Land- und Forstwirtschaftsinspektorat durchgeführt. Ich bin davon überzeugt, dass der Großteil der Dienstgeber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr wohl ordnungsgemäß bezahlt beziehungsweise der Kollektivvertrag eingehalten wird“, so der Präsident der Landwirtschaftskammer.