Kammer warnt vor „unberechenbaren“ Kühen

Nach dem wiederholten Angriff von Kühen auf Wanderer am Wochenende ruft die Landwirtschaftskammer zu höchster Vorsicht auf. Man müsse noch klarer machen, dass die Tiere letztlich unberechenbar seien. Ein Schweizer „Kuhflüsterer“ nimmt auch die Bauern in die Pflicht.

Ein möglicher Grund für das Verhalten der Kühe sei zum einen das Wetter, sagte Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger. Im August gab es kaum regenfreie Tage. „An Schönwettertagen dringen dann umso mehr Menschen in das Territorium der Tiere ein, das bringt eine Beunruhigung mit sich.“ Bei Schlechtwetter seien die Tiere alleine in einem Gebiet.

Mögliche Folge einer neuen Haltungsform

Im ORF-Gespräch führte Hechenberger aus, dass die Almen heute deutlich mehr von Wanderern überlaufen würden als früher. Zudem führe die immer häufigere Mutterkuhhaltung zu einer intensiven Beziehung zwischen Kuh und Kalb, Eingriffe würden aggressiv abgewehrt. Die Mutterkuhhaltung habe in der Landwirtschaft Zukunft, allerdings müsse Verständnis dafür geschaffen werden, dass man in der freien Natur unterwegs und eine Kuh nicht 100-prozentig einschätzbar sei.

Alm als Wirtschaftsraum

In Tirol gibt es 2.200 Almen, zu denen rund 180.000 Tiere aufgetrieben werden, sagte Hechenberger. Die Frage, ob die jüngsten Kuhattacken auch Folge der modernen automatisierten Tierhaltung seien, bei der Kühe immer weniger Kontakt zum Menschen hätten, ließ Hechenberger offen. Er empfahl, eine auf dem Weg stehende Kuhherde im Zweifel zu umgehen. Die Alm sei ein Wirtschaftsraum, über das richtige Verhalten darin müssten die Menschen noch besser informiert werden.

„An Beziehung arbeiten“

Für den Schweizer Bauern und Bestsellerautor Martin Ott („Kühe verstehen“) sind die Kuhattacken eine direkte Folge des fehlenden Kuh-Mensch-Kontaktes durch Laufställe und vollautomatisches Melken: „Das ist für die Kühe schön, aber für die Mensch-Kuh-Beziehung zum Teil eine Katastrophe.“ Manche Tiere würden nicht einmal mehr Tierärzte an sich heranlassen.

Vielen Kühen fehle die positive Erfahrung mit Menschen, so Ott und nimmt die Bauern in die Pflicht: „Wir müssen als Landwirte lernen, dass wir einen Teil der Zeit, die wir durch die modernen Ställe bekommen haben, an der Mensch-Kuh-Beziehung arbeiten müssen - etwa, indem wir Kälber in den ersten Lebenstagen an den Menschen gewöhnen.“

Von einem Folder alleine, wie er derzeit in Tirol nach den Kuhattacken herausgegeben wurde, hält Ott nicht viel: „Es brauchte mehr. Wir müssen auf der Kuhseite ansetzen, indem wir die Bauern dazu bringen, die Kühe an den Menschen zu gewöhnen. Und wir müssen bei der Bevölkerung ansetzen, indem wir lernen müssen, bewusst mit Tieren zu kommunizieren.“

Tipp: Gerade stehen, Arme in die Luft

Eine Kuhattacke passiere nicht plötzlich, die Kuh sende eindeutige Signale, so Ott: „Schnauben, aggressives Stampfen sind die ersten Zeichen von Aggression.“ Dann sollte man sich „aufrichten, die Arme in die Höhe strecken und laut sein, dann wird die Kuh stehen bleiben. Denn eine Kuh rennt nicht einfach in etwas hinein.“

Angst vor Hund ist fest verwurzelt

Kein Halten gibt es allerdings, sobald ein Hund dabei ist: „Die Kuh sieht schlecht, und der Hund ist der Wolf. Der Wolf ist seit Tausenden von Jahren einer der Hauptfeinde der Kuh, gegen diese Muster kann ich nichts tun.“ Deshalb muss der Hund abgeleint werden, damit er davonlaufen kann.

Nicht jede heranlaufende Kuh greife allerdings an, sagt Ott: „Eine Kuhherde mit vor Freude aufgestellten Schwänzen ist nicht gefährlich, da muss man nur selbstbewusst stehen bleiben. Wenn die Kuh mit Kopf und Schwanz nach unten daherläuft, ist es gefährlich“, so Ott. Ist man weit genug weg, sollte man sich hinter einem Baum verstecken, rät Ott.

Mehrere schwere Zwischenfälle

Seit Ende Juli gab es in Tirol insgesamt drei Angriffe auf Menschen. Am Sonntag wurde ein Wanderer im Wipptal Opfer - mehr dazu in Pensionist von Kühen schwer verletzt. In Reith bei Seefeld rammte eine Kuh einer Frau ein Horn in den Körper - mehr dazu in Wieder Wanderin von Kuh attackiert. Den schwersten Zwischenfall gab es in Obernberg - Deutsche in Tirol von Kuhherde getötet.