Prozess endet mit Schuldspruch für Fachärztin

Der Prozess gegen drei Ärzte am Krankenhaus Kufstein hat Dienstagabend am Landesgericht Innsbruck mit einem Schuld- und zwei Freisprüchen geendet. Die angeklagte Oberärztin wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Die beiden Turnusärzte wurden freigesprochen.

Angeklagt waren eine Fachärztin und zwei Turnusärzte wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Sie mussten sich vor Gericht verantworten, weil ein Medikament im Krankenhaus Kufstein falsch dosiert war und ein 75-jähriger Mann dann vergangenes Jahr gestorben ist.

Die Fachärztin für Innere Medizin wurde Dienstagabend zu einer Geldstrafe in der Höhe von 9.600 Euro verurteilt, die Hälfte davon auf drei Jahre bedingt.

„Sie hätten die falsche Dosierung des Medikaments erkennen müssen“, meinte Richterin Verena Offer in Richtung der Oberärztin. Sie hätte sich außerdem auf die Angaben der Turnusärztin nicht verlassen dürfen, begründete die Richterin den Schuldspruch. Den beiden Turnusärzten hingegen könne man das Unwissen über das Medikament und dessen richtige Dosierung nicht vorwerfen, sagte Offer.

Eintrag vergessen

Eine 31-jährige damalige Turnusärztin gestand am Dienstag vor Gericht den folgenschweren Fehler ein. Sie habe damals bei der Aufnahme des 75-jährigen Patienten 10 mg Ebetrixat in die Medikamentenliste eingetragen, sagt sie, aber den Zusatz „jeden Samstag“ vergessen. Somit hat der Patient die an sich wöchentliche Dosis jeden Tag erhalten. Sowohl während seines Krankenhausaufenthaltes in Kufstein als auch danach noch im Altersheim.

Medikamentenfehler blieb stehen

Es sei ein stressiger Tag gewesen, schilderte die Angeklagte und gewährte Einblick in den Krankenhausalltag. Damals war sie noch Turnusärztin und erst fünf Monate auf der internen Ambulanz, aber alleine im Dienst. Sie kümmerte sich um den 75-jährigen Mann mit Parkinson, sein Allgemeinzustand war schlecht. Gleichzeitig wurden zwei weitere Patienten eingeliefert, einer davon musste mit Atemnot auf die Intensivstation. Die junge Ärztin holte Verstärkung und kümmerte sich weiter um den Intensivpatienten, ein Facharzt stellte die stationäre Aufnahme des 75-jährigen Mannes fertig. So habe sie keine Gelegenheit mehr gehabt, alles zu kontrollieren, der eingetragene Medikamentenfehler blieb stehen.

Fehler fiel auch Fachärztin nicht auf

Ein Fehler, der offenbar auch der 40-jährigen Fachärztin nicht auffiel, die die falsche Dosierung auf der Station dann täglich abzeichnete. Warum ihr die Überdosierung nicht auffiel, konnte die Ärztin nicht erklärten. „Ich kenne das Medikament, habe aber das Ebetrexat damals auf dem Patientenblatt wohl nicht als solches registriert“, meinte sie. Außerdem sei der Patient wegen eines Harnweginfekts eingeliefert worden, deshalb habe sie sich bei der Behandlung auch auf diesen konzentriert und das Ebetrexat, welches der 76-Jährige aufgrund seiner Rheumaerkrankung schon seit mehreren Jahren genommen hatte, dabei übersehen.

Vor Gericht verantworten musste sich auch ein 40-jähriger Turnusarzt, der den Fehler schließlich auch noch im Arztbrief an das Altersheim übernahm. Die falsche Dosierung wurde dann erst nach zwölf Tagen erkannt, als der Mann erneut ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Das Medikament wurde sofort abgesetzt, trotzdem starb der Mann vier Tage später. Ob tatsächlich die Überdosierung zum Tod geführt hat - die drei Verteidiger zweifelten das stark an - dazu wird Dienstagnachmittag noch ein Gutachter referieren. Geladen sind auch zahlreiche Zeugen, wie der behandelnde Hausarzt.

Gutachter: Immer wieder Verwechslungen

Für den Gutachter war klar, der Fall in Kufstein ist ein prototypischer Verlauf für eine Überdosierung des Medikaments. Allerdings ist der Fall kein Einzelfall. Weltweit würden bei Ebetrexat häufig Fehlverordnung passieren, weil eine wöchentliche Medikation laut Gutachter generell medizinisch untypisch ist. Zudem wird Ebetrexat bei Rheuma wöchentlich verordnet, bei Tumorpatienten allerdings hochdosiert. Das führt laut Gutachter häufig zu Verwechselungen.

Freisprüche für Turnusärzte

Die beiden Turnusärzte wurden freigesprochen. Jene Ärztin, die die Dosis zunächst falsch eingetragen hat, weil sie laut Gericht noch in Ausbildung war und noch nicht selbständig arbeiten durfte. Keine Schuld sieht das Gericht beim 40-jährigen Turnusarzt, der den Fehler schließlich auch noch im Arztbrief an das Altersheim übernimmt. Auch hier hat laut Gericht die Kontrolle der Fachärztin versagt.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Digitale Krankenakte eingeführt

Im Krankenhaus Kufstein hat man indessen die digitale Krankenakte eingeführt. Ärztliche Anordnungen und Notizen, Angaben zum Kreislauf und Angaben über einzunehmende Medikamente sind elektronisch abrufbar. Im Fall einer unerwünschten Wechselwirkung oder Überdosierung schlägt der Computer Alarm. Ein rote Ampel signalisiert sofort, dass etwas nicht stimmen kann - mehr dazu in Digitale Krankenakte für KH Kufstein.