Schwarz-Grün gegen Rückübertragungsgesetz

In der Sondersitzung des Landtags ist es erneut um die Agrargemeinschaften gegangen. Dabei blieben die Fronten zwischen schwarz-grüner Koalition und Opposition, die die Sitzung beantragt hatte, verhärtet. Ein Dringlichkeitsantrag der Opposition wurde in den Ausschuss verwiesen.

Der Dringlichkeitsantrag in der Sondersitzung am Dienstag sah ein Gesetz zur Rückübertragung des Gemeindegutes von den Agrargemeinschaften an die Gemeinden vor. Der Dringlichkeitsantrag wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien zur Behandlung dem Rechts- und Gemeindeausschuss zugewiesen.

Aktionismus im Landesparlament

Neben dem politischen Schlagabtausch kam rund um den Sonderlandtag auch der Aktionismus nicht zu kurz. So betrat etwa Liste Fritz-Parteigründer Fritz Dinkhauser in gewohnter markanter Art und Weise wieder die politische Bühne. Er fuhr kurz vor der Sitzung, in Tiroler Tracht gewandet, mit einem Traktor vor dem Landhaus vor. „Im Schlepptau“ hatte Dinkhauser einen Anhänger mit einer gehörigen Fuhre Mist. Darauf war ein Transparent angebracht mit der Aufschrift: „Platters schwarz-grünes Agrarunrecht stinkt zum Himmel“.

Dinkhauser mit Anhänger mit Mist und Plakat vor Landtag

ORF

Am Steuer des Traktors: Fritz Dinkhauser mit Walkjacke und Lodenhut.

Aktivist verstreute Silbermünzen

Für kurzfristiges Aufsehen sorgte auch ein Aktivist, der plötzlich vor Landtagspräsident Herwig Van Staa (ÖVP) auftauchte und Silbermünzen auf den Boden warf. Van Staa ließ ihn daraufhin des Saals verweisen und kündigte an, künftig über eine Verschärfung der Sicherheitsmaßnahmen sprechen zu wollen. Er sah sich laut eigenen Angaben in seiner „persönlichen Freiheit eingeschränkt und bedroht“.

Opposition argumentiert für Rückübertragung

In der Debatte appellierte Abgeordneter Andreas Brugger (Liste Fritz) an die Landesregierung, dem „Agrar-Unrecht“ endlich ein Ende zu setzen. Grund und Boden sei einer „Gruppe von Günstlingen“ zugewiesen worden. Es bestehe die Gefahr, dass die Gemeinden den Zugriff darauf verlieren. Es gehe schließlich um zwei Milliarden Quadratmeter Land, so Brugger, der das Rückübertragungsgesetz federführend erarbeitet hatte. Die ÖVP trachte nur danach, das „begonnene Unrecht zu finalisieren“, kritisierte er.

Die SPÖ schoss sich vor allem auf die Grünen als Neo-Regierungspartei ein. Abgeordneter Georg Dornauer meinte, die Öko-Partei habe in dieser Frage einen „Salto rückwärts“ gemacht und habe sich von der ÖVP über den Tisch lassen. Die Grünen würden ihr ursprünglich ebenfalls propagiertes Ziel der Rückübertragung „nur mehr verschwommen sehen“. „Das ist ein Augenleiden, ein grüner Star“, höhnte Dornauer. Alle höchstgerichtlichen Erkenntnisse seien bisher von den „Agrarhardlinern“ negiert worden, meinte er.

FPÖ-Klubobmann Gerald Hauser sagte, man sei das Umfallen der Grünen ja schon gewohnt. Die Rechtssprüche des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes seien endlich umzusetzen. „Die Landesregierung sitzt das Thema nur aus“, erklärte Hauser, für den die Sondersitzung seinen letzten Auftritt im Tiroler Landtag darstellte. Er wird kommenden Woche im Nationalrat angelobt.

Vorwärts Tirol-Klubobmann Hans Lindenberger meinte unter anderem, dass sich die betroffenen Bürgermeister mittlerweile schon „am Rande des organisierten Bettelns“ befinden würden. Und dies nur deswegen, weil sie zurecht das Vermögen der Bürger verteidigen.

Koalitionsparteien verweisen auf Arbeit an Novelle

ÖVP und Grüne verteidigten ihre Ablehnung des Rückübertragungsgesetzes. Hermann Kuenz (ÖVP) bezeichnete das eingebrachte Rückübertragungsgesetz als „Enteignungsgesetz“. Die Regierung bleibe bei ihrem angestrebten Weg, der unter anderem eine Novelle des Tiroler Flurverfassungsgesetzes vorsehe.

Der Klubobmann der Grünen, Gebi Mair, sprach von einem „politischen Stellungskrieg“, der sich rund um das Thema Agrargemeinschaften entwickelt habe. Die Grünen wollen „Brücken bauen“ und seien diejenigen, die aus den Schützengräben aufstehen würden. Die Landesregierung wolle ein Erkenntnis des VfGH abwarten. Sobald dieses „Signal“ da sei, wolle man den Dringlichkeitsantrag gemeinsam mit der Opposition in einem Sonderausschuss diskutieren. Mair befürchtete, dass der eingebrachte Antrag zu einer „Prozesslawine“ führen würde, bei der die Agrargemeinschaften wahrscheinlich obsiegen würden.

Lange Vorgeschichte

Der Sonderlandtag war der zweite Anlauf der Tiroler Oppositionsparteien mittels Gesetz die Agrarflächen den Gemeinden zurückzugeben - mehr dazu in Wieder Agrar-Sonderlandtag möglich. Es geht um ein bäuerliches Milliardenvermögen, um die Gründe von hunderten Agrargemeinschaften, insgesamt eine Fläche so groß wie Osttirol. Mit einem eigenen Landesgesetz sollten diese Rückübertragungen möglich werden.

Grüne jetzt in der Regierung

Beim ersten Versuch letzten Februar waren die Grünen noch mit dabei - mehr dazu in Sonderlandtag wie erwartet gegen Novelle, jetzt sitzen sie in der Regierung. Eine Rückübertragung der Agrarflächen an die Gemeinden ist im schwarz-grünen Koalitionsübereinkommen nicht vorgesehen. Stattdessen bastelt die Regierung an einer Verschärfung des bestehenden Gesetzes. Dadurch sollen die Gemeinden angeblich rascher zu ihren Geldern kommen.

Erkenntnis des VfGH

Bei rund 250 Agrargemeinschaften in Tirol waren früher die Gemeinden Eigentümerinnen der gesamten Gründe. Die Rede ist von mindestens 2.000 Quadratkilometern, eine Fläche so groß wie Osttirol. Der Verfassungsgerichtshof kam zum Schluss, dass die Gründe den Gemeinden mit Unterstützung der Landespolitik in den 50er, 60er und 70er Jahren verfassungswidrig genommen und den Agrargemeinschaften ins Eigentum übertragen wurden. Deshalb stehen den Gemeinden laut Höchstgericht alle nichtbäuerlichen Einnahmen aus diesen Flächen zu: Beispielsweise davon betroffen sind Erlöse aus Skiliftverpachtungen, Schotterabbau, Jagdpacht usw.

Teure Rechtsstreitigkeiten

Derzeit hängen allerdings viele Gemeinden in sehr teuren und jahrelangen Rechtsverfahren fest. Das will die Regierung mit der Gesetzesnovelle ändern, was die Opposition bezweifelt.