Lebende Nachfahren von Ötzi gefunden

Wissenschaftler der Innsbrucker Gerichtsmedizin haben mittels DNA-Analyse 19 heute lebende Tiroler ausfindig gemacht, die mit der Gletscherleiche Ötzi verwandt sind. „Diese Männer und der Ötzi hatten die gleichen Vorfahren“, so Walther Parson vom Institut für Gerichtliche Medizin.

„Es gibt Teile der menschlichen DNA, die generell unverändert vererbt werden“, sagte Parson. Bei Männern würden diese am Y-Chromosom, bei Frauen in den Mitochondrien liegen. Etwaige Veränderungen würden lediglich durch Mutationen zustande kommen, die dann wiederum weitervererbt werden. „Deshalb können wir Menschen mit den gleichen Mutationen in sogenannten Haplogruppen zusammenfassen“, sagte der Wissenschaftler.

Auch Wanderrouten werden nachvollziehbar

Die Forscher konnten außerdem im Zuge ihrer Untersuchungen mit Hilfe der Haplogruppen Rückschlüsse auf Wanderrouten der früheren Menschen ziehen. So finde sich beispielsweise die Haplogruppe G heute vor allem im Vorderen Orient. „In Europa ist diese Haplogruppe eher selten, außer in Tirol. Hier finden wir im oberen Inntal und im Paznauntal erhöhte Werte der Haplogruppe G“, so Parson.

In Landeck wiederum sind die Werte auf einem normalen Niveau. „Das lässt den Schluss zu, dass Landeck vor rund 10.000 bis 20.000 Jahren vom Süden her kaum passierbar war“, fügte Parson hinzu. Diese regionale Verbreitung der Haplogruppe G lege nahe, dass die früheren Menschen von Fließ über den Pillersattel ins Ötztal wanderten.

Aufgrund der Topographie der Alpen könne man hier Wanderrouten besonders gut nachvollziehen. „In flacheren Gebieten sind die Wanderrouten nicht so stark gerichtet“, meinte der Wissenschaftler. Außerdem habe in unseren Breiten lange das Prinzip der „Patrilokalität“, also dass vor allem Männer am Geburtsort bleiben, vorgeherrscht. „Dadurch kommt es zu wenig Durchmischung der Haplogruppe“, erklärte Parson.

„Ötzi-Verwandte“ wurden nicht informiert

„Auch die Gletschermumie Ötzi hat der Haplogruppe G, genauer gesagt der Untergruppe G-L91, angehört“, sagte der Forscher. Er und sein Team fanden im Zuge ihrer Untersuchungen 19 Tiroler, die ebenfalls dieser genetischen Untergruppe angehören und somit die gleichen Vorfahren wie der Mann aus dem Eis haben.

Insgesamt wurden DNA-Analysen von rund 3.700 Männern erstellt, die in Tirol ihr Blut spendeten. Sie gaben auch ihren Geburtsort und die Herkunft ihrer nahen männlichen Vorfahren bekannt. Von ihrem berühmten Stammbaum wissen die Männer allerdings nichts: „Wir haben sie nicht informiert“, sagte Parson. Frauen wurden bei der Studie nicht berücksichtigt, da das Analyseverfahren ein anderes wäre.

Die Wissenschaftler vermuten nun, dass es auch im Schweizer Engadin und im Südtiroler Vinschgau erhöhte Werte der Haplogruppe G geben müsste. „Wir haben bereits Schweizer und italienische Kooperationspartner gefunden, um unsere Forschung fortsetzten zu können“, so Parson.

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