Tiroler Landesgesetz „verweiblicht“

Das neue Tiroler Kinder- und Jugendhilfegesetz ist mit wenigen Ausnahmen in weiblicher Form verfasst worden. Das ist eine Neuheit in Tirol. Die zuständige Landesrätin Christine Baur (Grüne) sagte dazu: „Sprache ist ein Herrschaftsinstrument.“

Der Text des neuen Gesetzes entspreche den legistischen Richtlinien, so Baur, die auch für Frauenangelegenheiten in der Landesregierung zuständig ist. Konkret sieht das so aus: Anstatt Personen werden - wenn möglich - die Funktionen oder Behörden genannt. Aber etwa „Bereitschaftspflegerinnen“ werden nur als solche bezeichnet und nicht extra die männliche Form dazugeschrieben.

„Damit wird klar, dass - wenn man von Frauen spricht - vielleicht auch die Männer mitgedacht sind. Ich finde es sehr schön, dass anhand des Widerstandes, der bei solchen Dingen zu spüren ist, klar wird, wie viel Macht Sprache hat“, sagte Baur gegenüber tirol.ORF.at. Vonseiten des Koalitionspartners habe es übrigens keine Widerstände gegeben.

Das Weibliche sichtbar machen

„Die Sprache kennt das generische Maskulinum,“ so Baur. Dabei handelt es sich laut Duden um eine männliche Form, die für Männer ebenso gilt wie für Frauen. Bei Rechtsanwälten und Ärzten können demnach beide Geschlechter gemeint sein. Baur sieht das so: „Bei dieser Form wird von Männern gesprochen, sie macht Frauen unsichtbar.“

Grüne Labg. und Klubobfrau Christine Baur

ORF

Landesrätin Christine Baur (Grüne) sieht einen direkten Zusammenhang zwischen Sprache und Bezahlung

Kritiker meinen, in ungleichen Gehältern von Frauen und Männern Wichtigeres zu sehen als in der geschlechtsneutralen bzw. weiblichen Formulierung von Gesetzestexten. Baur sieht das anders: „Das hat miteinander zu tun. Ich sehe einen direkten Zusammenhang zwischen Sprache und Bezahlung.“ Der Grund für schlechte Bezahlung habe auch mit einer Abwertung des Weiblichen zu tun. Frauen seien auch in der Arbeit oft nicht „sichtbar“, indem sie etwa kostenlos Pflege leisteten. Durch gegenderte Sprache könnten Frauen insgesamt sichtbarer werden.

In dem neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz geht es übrigens unter anderem um die Einführung eines Vieraugenprinzips in der Sozialarbeit bei der Gefährdungsabklärung. Auch die Schulsozialarbeit wird in dem Gesetz geregelt.

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