Runder Tisch zur Unterinntaltrasse

Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) plant einen runden Tisch zur Causa Unterinntaltrasse. Bürgermeister und Anrainer entlang der Bahn kritisierten die ÖBB heftig. Trotz der 2,4 Milliarden Euro teuren neuen Trasse fahren private Güterzüge nach wie vor oberirdisch.

Die 40 km lange Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnstrecke sollte den Güterverkehr, der durch das Inntal muss, unter die Erde verbannen. Doch auch nach der Eröffnung der Milliardenstrecke fahren die privaten Güterverkehrsbetriebe nach wie vor oberirdisch, da ihnen das von den ÖBB geforderte modernere Sicherheitsystem offenbar fehlt.

Sämtliche Bürgermeister seien verärgert, da die Trasse sehr wohl auch von den Privaten befahren werden könne, kritisierte der Jenbacher Bürgermeister Dietmar Wallner: "Meinen Informationen nach ist es möglich, die Signalisierung so einzustellen, dass alle Züge fahren können. Da sollte dringend gemacht werden, schließlich muss es so sein, dass die Politik dem Bürger dient und nicht den Verkehrsgesellschaften oder der Technik.

Güterzug mit Doppeltraktion

ORF

Private Güterzüge oberirdisch unterwegs

Bürgermeister: Versprechen nicht gehalten

Für den Vomper Bürgermeister Karl-Josef Schubert gleicht das einem Schildbürgerstreich. Man sei hinter dem Tunnelprojekt gestanden, weil man versprochen habe, es gebe eine spürbare Entlastung der betroffenen Bevölkerung. „Wenn jetzt diese Entlastung nicht erfolgt, fühlt man sich gefrotzelt.“

Die ÖBB solle endlich auch die Privaten auf der neuen Strecke fahren lassen, fordern die Bürgermeister. Die Staatsbahnen beharren jedoch auf der Umrüstung, die übrigens pro Lokomotive zwischen 300.000 und 500.000 Euro kostet.

Private wurden zu spät informiert

Die in ganz Europa tätige Firma Lokomotion mit Sitz in München bestreitet zwei Drittel des überregionalen Güterverkehrs in Tirol. Man würde sehr gerne und sofort den neuen Tunnel nutzen, so Geschäftsführer Armin Riedl gegenüber dem ORF Tirol: „Die ÖBB hat uns aber erst 2011 über die endgültige Umrüstung informiert, der Zulieferbetrieb kann nicht so schnell reagieren. Zudem ist die Umrüstung sehr teuer. Ich kann die Bürgerinnen und Bürger, die hier an der Strecke leben, sehr gut verstehen. Aber ich habe das Gefühl, dass man hier versucht zwei Welten aufzubauen - die schlechten Privaten und die guten Staatsbahnen.“

ÖBB: Keine Abstriche bei Sicherheit

Bei der Sicherheit im Zugverkehr gebe es keine Abstriche und genau deshalb wurde auf der 40 km langen Hochleistungsstrecke durch das Unterinntal das modernste Sicherungssystem Europas eingebaut, teilten die ÖBB am Donnerstag in einer Aussenung mit. „Das Sicherheitssystem ETCS ist als Sicherungssystem seitens der EU zwingend für Neubaustrecken vorgesehen. Allen Eisenbahnunternehmen wurde diese Grundvoraussetzung zur Nutzung dieser neuen unterirdischen Strecke bereits 2008 – also fünf Jahre vor Inbetriebnahme – mitgeteilt.“

Die ÖBB hätten mehr als 300 Loks auf das erforderliche System umgerüstet und nahezu alle Güterzüge der Rail Cargo Austria würden diese unterirdische Trasse erfolgreich und zum Wohle der Anrainer nutzen. Seit Jahresbeginn würde 16.000 ÖBB-Güterzüge unterirdisch fahren, insgesamt sogar 26.000 Züge, so die ÖBB.

Felipe (Grüne): „Plane runden Tisch“

Es sei bereits ein runder Tisch zum Thema in Vorbereitung, so Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) am Donnerstag: „Die Aktionsgemeinschaft Brennerbahn hat sich letzte Woche mit dem Thema Unterinntaltrasse beschäftigt. Wir bereiten einen Runden Tisch vor, bei dem die ÖBB, die privaten Unternehmen und die politischen Vertreter eine Lösung ausarbeiten. Der Ball liegt in Wien: Ich appelliere im Interesse der Menschen an der Bahnstrecke an die zuständige Verkehrsministerin, die Unterinntaltrasse für jene privaten Anbieter zu öffnen, die das neue Sicherheitssystem bereits bestellt haben, aber noch auf die Lieferung oder auf Zulassungen warten“, so Felipe.

Transitforum droht mit Bürgerversammlung

„Die ÖBB erdreisten sich, nicht die Bevölkerung zu sehen, sondern versuchen sich in Wettbewerbsverdrängung“, meinte Fritz Gurgiser vom Transitforum Austria am Mittwoch. „Die Argumentation, man brauche ein bestimmtes Sicherheitssystem, ist ein Schmarrn. Die Gesundheit geht vor, und wenn in absehbarer Zeit nichts passiert, dann schließe ich eine Bürgerversammlung auf den Gleisen der Unterinntaltrasse nicht aus.“

ÖVP: „Bures (SPÖ) ist schuld“

Nationalrat Franz Hörl (ÖVP) wiederum ortet die Schuld für Versäumnisse und Gleichgültigkeit bei Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ). „Wie kann es sein, dass man eines der größten Infrastrukturprojekte des Landes plant, ohne gleichzeitig die Umsetzung jener technischen Voraussetzungen bei allen Unternehmen sicherzustellen, die später für eine optimale Nutzung notwendig sind? So wird die milliardenteure Unterinntaltrasse zur Farce und Verkehrsministerin Bures schaut einfach zu.“