Verzweiflung am Tag nach dem Hochwasser
Allein im Bezirk Kitzbühel sind am Montag 145 Feuerwehreinsätze gezählt worden. Auch das Bundesheer unterstützt die Aufräumarbeiten. 160 Soldaten waren am Montag im Raum St. Johann und Kössen im Einsatz. Am Dienstag sollen 200 weitere folgen.
Am Montag hat sich die Lage in den Hochwassergebieten entspannt. Der Pegelstand an der Großache im Bezirk Kitzbühel ging in der Nacht auf Montag leicht zurück. Entspannung sei laut Landesgeologie nur zu erwarten, wenn die Niederschläge dauerhaft aufhörten – mehr dazu in wetter.ORF.at.
Die Spendenkontonummer:
„ORF Hochwasserhilfe-Sofort“
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In Kössen konnten Montagvormittag Bewohner wieder zurück in ihre vom Hochwasser beschädigten Häuser. Die Verzweiflung war enorm, als sie das Ausmaß der Zerstörung gesehen haben. „Ich habe alles verloren“, sagt ein Bewohner. Vom Keller bis zum ersten Stock sei alles zerstört - Heizung, Küche, Waschmaschine, Wohnzimmer.
Eine Reportage aus Kössen in „Tirol heute“ zeigt die Aufräumarbeiten am Tag danach.
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Problem Stromversorgung
Der zum Abpumpen von Hunderten überfluteten Häusern und Kellern benötigte Strom war am Montagvormittag noch nicht vorhanden. Alois Flatscher von der TIWAG erklärte gegenüber ORF Radio Tirol, man komme nicht zu den Trafostationen, weil diese unter Wasser stehen. Mit dem Abfluss des Wassers versuche man, die Trafostationen nach und nach anzufahren und wieder einzuschalten. Bis Mittag konnte die Stromversorgung in Kössen weitgehend wiederhergestellt werden. Laut TIWAG-Netz waren noch rund 100 Haushalte ohne Strom.
Am Vormittag gab es nur vereinzelt wieder Strom, erst am Nachmittag könnte das Netz vollständig funktionieren.
Mit dem Rückgang des Wassers haben die Aufräumarbeiten begonnen. Etwa 800 bis 1.000 Keller stünden unter Wasser, schätzt Bezirksfeuerwehrkommandant Johann Papp. Schwerpunkt für die Feuerwehren seien Kössen, St. Johann, Waidring, Pillersee und Erpfendorf.
Video von wegrutschendem Hang
In Kirchbichl ist der Hang unter einem Haus ins Rutschen geraten. Diese dramatischen Sekunden hat ein Feuerwehrmann mit seinem Handy gefilmt, wie ein Bericht in „Tirol heute“ zeigt.
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Auch in Waidring wurden mehrere Häuser evakuiert. Straßen, Brücken und das Klärwerk sind zerstört. Der Maschinenraum des Klärwerks steht unter Wasser.
Noch keine Entwarnung
In den vergangenen zwei Tagen hat die Landeswarnzentrale knapp 100 Hangrutschungen und Muren gezählt. Laut dem Landesgeologen Gunther Heißel herrsche in Hinblick auf Erdrutsche teilweise weiter eine kritische Situation. Entspannung werde es erst geben, wenn die Niederschläge für längere Zeit aufhörten und es länger trocken bleibe. Niederschläge in dieser Intensität habe er noch nie erlebt, sagte Heißel. „Ich bin auf Hängen gestanden, an denen das Wasser zentimeterhoch daherkam. Man könnte glauben, man steht mitten im Hochwasser und nicht am Berg auf einem Hang!“, sagte Heißel.
Platter spricht von „leichter Entspannung“
Im Landhaus in Innsbruck tagte Montagvormittag ein Krisenstab. 25 Experten von unter anderem Feuerwehr, Bundesheer, Wasserrettung und Polizei diskutierten über die aktuelle Lage und die benötigte Hilfe. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach nach der Sitzung von einer „leichten Entspannung“. „Die Wasserpegel sind zurückgegangen“, so Platter. Wie hoch die Schäden seien, sei derzeit noch nicht abschätzbar. „Die Schäden sind gewaltig. Man muss von einigen Millionen Euro ausgehen“, sagte Platter. Am Dienstag werde es einen Regierungsbeschluss geben, um den Opfern des Hochwassers zu helfen.
Viele geschädigte Orte
Vom Hochwasser besonders betroffen ist der Bezirk Kitzbühel. Neben Kössen, wo ein Großteil des Ortes überflutet wurde, zog das Wasser auch durch zahlreiche andere Unterländer Gemeinden seine Spur, z. B. in St. Johann, St. Ulrich, Waidring und Kirchdorf mit dem Ortsteil Erpfendorf.
Kombination widriger Umstände
Die enormen Wassermengen mit mancherorts fast 300 Litern pro Quadratmeter seien ein mehr als hundertjährliches Ereignis, erklärte die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Entscheidend für das Ausmaß des Hochwassers sei aber der Umstand, dass der Boden in vielen Regionen schon vorher gesättigt und die Flusspegel aufgrund der vorangehenden überdurchschnittlich nassen Monate relativ hoch waren.
ZAMG
AK berät Arbeitnehmer bei Fernbleiben von Job
Wer aufgrund einer Naturkatastrophe wie dem Hochwasser zu spät oder gar nicht zur Arbeit erscheinen kann, hat trotzdem Anspruch auf Entgeltfortzahlung, so die Arbeiterkammer (AK) Tirol in einer Aussendung. Ausgenommen seien Betriebe in einer überschwemmten Region. Die AK weist darauf hin, dass ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, alle ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Auf jeden Fall sei eine Verhinderung dem Arbeitgeber zu melden. Bei freiwilliger Meldung zu Hilfsdiensten oder als Mitglied einer Hilfsorganisation sei der Entgeltfortzahlungsanspruch nicht gesichert, so die AK.
Bargeld für Dinge des Alltags
Die AK hat am Montag auch eine Soforthilfe beschlossen: 100.000 Euro aus dem AK-Budget werden für vom Hochwasser betroffene Arbeitnehmerfamilien bereitgestellt.
Kostenlose AK-Hotline:
0800/22 55 22 - DW 3333 AK Kufstein
0800/22 55 22 - DW 3232 AK Kitzbühel
Das Geld ist vor allem für Dinge des täglichen Lebens gedacht, erklärte AK-Präsident Erwin Zangerl. In den AK-Bezirkskammern Kufstein und Kitzbühel wurde eine Hotline eingerichtet. 1.000 Euro pro Haushalt können sofort ausbezahlt werden.
„Wenn sich jemand dringend aufgrund des Hochwassers Kleidung oder ein Haushaltsgerät neu anschaffen muss, oder etwa die Heizung, der Kühlschrank und die Waschmaschine durch die Schäden unbrauchbar sind und eine soziale Bedürftigkeit unter Nachweis der Rechnung festgestellt wird, kommen diese Mittel sofort zur Auszahlung,“ so der AK-Präsident in einer Aussendung.
Mure brachte Zug zum Entgleisen
In der Nacht auf Montag gab es tirolweit weitere Hangrutsche. In Hopfgarten im Brixtental, in Westendorf und auch in Gries am Brenner sind Hänge abgerutscht. Betroffen ist auch die Bahnverbindung zum Brenner, die zwischen Steinach und dem Brenner derzeit gesperrt ist. Ein Zug der rollenden Landstraße fuhr trotz Notbremsung auf die Erdmassen auf, und die Lok entgleiste mit den beiden vorderen Lenkachsen. Personen wurden dabei nicht verletzt. Ein Schienenersatzverkehr wurde eingerichtet.
zeitungsfoto.at
Kein Zug nach Salzburg
Die Zugskorridorstrecke Kufstein - Salzburg bleibe voraussichtlich eine Woche gesperrt, teilen die ÖBB mit. Seit Montag, 17.00 Uhr, gibt es aber einen Schienenersatzverkehr. Die Bahnverbindung Innsbruck - Kufstein - München wurde Montagnachmittag vorübergehend mit Einschränkungen wieder hergestellt. Im Abschnitt Kuftsein - Kiefersfelden verkehren die Züge nur bei Tageslicht.
Die AUA hat angekündigt, ab Dienstag größere Maschinen auf der Strecke Wien - Innsbruck einzusetzen. Die Kapazität wird über den Tag verteilt von „rund 400 auf rund 600 Sitzplätze erhöht“ je Richtung, sagte Airline-Sprecher Peter Thier der APA.
In der Nacht zum Sonntag hatten ununterbrochene Regenfälle im Unterland ein Hochwasser enormen Ausmaßes ausgelöst - mehr dazu in Leichte Entspannung, zahlreiche Sperren.