Fischler fürchtet langwierige Almverfahren

Ex-EU-Kommissar Franz Fischler, der vor zwei Tagen zum Mediator in Sachen Almflächenfeststellung betraut wurde, hat erstmals zu seiner Aufgabe Stellung bezogen. Er hält die Lösung vieler komplizierter Fälle bis Juni für unrealistisch.

Bis Mitte kommender Woche will Ex-EU-Kommissar Franz Fischler seine Vorgangsweise im großen Durcheinander um Almflächenfeststellungen, von denen EU-Agrarförderungen abhängen bzw. Rückzahlungen und Sanktionen wegen falscher Angaben drohen, festlegen.

Zeitaufschub derzeit noch fraglich

Erst am Dienstag war er vom zuständigen Landwirtschaftsminister und Parteikollegen Nikolaus Berlakovich (V) mit der Leitung der eilig geschaffenen „Sonderkommission“ betraut, die bis Juni eine Lösung in der Causa herbeiführen soll - mehr dazu in Fischler leitet Kommission für Almbauern. Doch bisher ist laut Fischler im APA-Gespräch noch nicht einmal die von Österreich bei der EU ersuchte Fristerstreckung durch. Zudem werde es sich auch nicht ausgehen, bis Juni alle Fälle zu lösen.

In der EU ist für „den Aufschub der Verwaltungsausschuss zuständig“, sagte Fischler. In den kommenden Wochen werde laut Fischler über Österreichs Fristerstreckungsansuchen abgestimmt - von allen EU-Mitgliedsstaaten. „Da gehe ich von einer positiven Abstimmung aus.“

Vorläufiger Antrag auf Förderung

Bis Juni könne es sich zwar ausgehen „die Großzahl der weniger schwierigen Fälle zu lösen“. Für „komplizierte Fälle“ aber, die dann noch übrig sein werden, kann sich Fischler - „auch wenn es sich noch um Zukunftsmusik handelt“ - folgendes vorstellen: „Man kann dann vielleicht trotzdem einen Antrag auf Flächenförderung stellen; aber mit einer Fußnote, dass es sich noch nicht um die endgültige Fläche handelt, die nachgereicht wird.“ Es müsse eine Möglichkeit gefunden werden, „denn es wäre unfair, wenn die Bauern übrig bleiben“.

Auch müsse man sich anschauen, ob das von Österreich angewendete System zur Flächenfeststellung „überhaupt EU-kompatibel“ ist. Der Almleitfaden, der die Vorgaben in Österreich festlegt, ist laut Ministeriumsbeteuerungen zwar von der EU akzeptiert worden - aber: „Der Leitfaden stammt aus dem Jahr 2000, seither hat es in der EU Änderungen gegeben“, so Fischler. „Es geht um Referenzflächen, die von der AMA (Agrarmarkt Austria) am Computer ermittelt wurden.“ Es sei eine rechtliche Frage, ob die AMA damit etwas machte, was im Almleitfaden gar nicht drin steht. Auch stelle sich die Frage, „ob die Landwirtschaftskammern den Leitfaden richtig anwendeten“.

Plan: Lokalaugenschein bei betroffenen Almen

Als erstes brauche es zur Lösung einen „Stufenplan“, so Fischler. Diesen will er bis kommende Woche erarbeiten, diesen dann „mit dem Ministerium vereinbaren“, denn seine Aufgabe sei „noch nicht im Detail fixiert“. Die „leichtesten Fälle“ will der Tiroler rasch lösen, für die „schwierigen Fälle“ würden wohl Besichtigungen an Ort und Stelle nötig werden. Diese sollten zunächst Sachbearbeiter erledigen. „Wenn sie sich nicht einig sind, dann muss die Kommission besichtigen“, stellt sich der Ex-Politiker, der sich in der Alm-Causa als „Mediator“ sieht, offenbar auf Bergwanderungen in den kommenden Monaten ein.

Als dritten wichtigen Punkt nannte der ehemalige Politiker, ebenso als „Zukunftsmusik“, dass man sich um ein Flächenerfassungssystem der Zukunft kümmern müsse. Minister Berlakovich habe gemeint, dem wolle er sich selbst annehmen, so Fischler. „Österreich ist gut beraten, ein automatisiertes System einzuführen. Das würde auch bedeuten, dass man die Dynamik in der Nutzungsentwicklung feststellen kann. Derzeit werden nur simple Orthofotos verwendet, es braucht aber multispektrale Luftbildaufnahmen - eine einmalige Investition, die sich auszahlen würde und in Zukunft ähnliche Probleme wie derzeit verhindern würde.“

Seine „Gruppe“ werde im Ministerium erläutern, „das, das und das ist mit der EU zu klären, dann müssen die Fachbeamten nach Brüssel - und zwar umgehend“.

Fischler stellt Haftungsansprüche in den Raum

Als „Problem, das weniger mit der EU zu tun hat“ bezeichnete Fischler auch, dass es wohl Bauern gibt, die sagen: „Ich habe mich immer an die Empfehlungen (der AMA bzw. Landwirtschaftskammer, Anm.) gehalten. Jetzt sagen sie, das stimmt nicht.“ Hier sei zu prüfen - „ohne ein Fallbeil fallen zu lassen“ - ob es Haftungsansprüche oder andere rechtliche Konsequenzen gibt.

Eine weitere „spannende Rechtsfrage“ stellt sich dann laut Fischler noch wegen möglicher Sanktionen für Bauern über die Rückzahlungen hinaus, wo sich Bauern ebenso nicht schuldig fühlen und natürlich ebenso argumentieren, nach den österreichischen Vorgaben gehandelt zu haben. Da drohen die Bauern mit Sammelklage. „Das ist auch Thema der gegenseitigen Schuldzuweisungen von AMA und Kammern“, so Fischler.

Zahlen die Bauern oder der Bund?

Aber wer muss nun zahlen, bei Nicht-Erfüllung von EU-Richtlinien? Das hat laut Fischler auch wieder zwei Dimensionen: Wenn ein einzelner Betroffener falsche Summen bezogen hat, müsse er zurückzahlen. Wenn es aber häufige Abweichungen gibt, was laut Fischler „derzeit leider der Fall ist“, dann verlangt die EU von Österreich pauschal eine Rückzahlung. Das ist derzeit bei der Anlastung in Höhe von bis zu 64,2 Mio. Euro wegen falscher Flächenangaben in der gesamten heimischen Landwirtschaft in den Jahren 2006 bis 2008 der Fall. Man fürchtet, auch wegen der aktuellen Alm-Causa könne es zu einer weiteren solchen Anlastung kommen.

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