Zwangsarbeit: Land prüft Pensionsansprüche

Das Land Tirol will für ehemalige Bewohner des Erziehungsheims St. Martin Pensionsansprüche prüfen. Bisher haben sich 13 von Zwangsarbeit Betroffene bei der Opferstelle gemeldet. Jeder Fall müsse aber einzeln beurteilt werden, hieß es im Büro des Landesrates Reheis.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (S) ortete am Montag für Pensionsbeiträge des Bundes keine Verpflichtung. Es würden nur neue Ungerechtigkeiten geschaffen, weil ja einige Betroffene bereits aus Entschädigungszahlungen (der Länder) Pensionszeiten gekauft hätten. Diesen Menschen gegenüber wäre es ungerecht, würde der Bund nun für andere die Pensionsbeiträge übernehmen, hatte er im ORF-Mittagsjournal erklärt.

Land sucht Lösung

In Tirol würden derzeit Akten der Betroffenen ausgehoben. Zum Teil handle es sich um bereits wegen Missbrauchsfällen Entschädigte, die jetzt auch von nicht erhaltenem Lohn für Arbeiten bei Firmen oder beim Bundesheer berichtet hätten. Diesbezüglich bestehe Kontakt zu den betroffenen Firmen, die Bereitschaft zur Lösung dieser Fragen signalisiert hätten.

In einem weiteren Schritt werde geprüft, wer sich Sozialversicherungsbeiträge „erspart“ habe. Sollte das Land schuld sein, werde es auch „eine Lösung geben“, hieß es aus dem Büro Reheis.

Die vom Land initiierte Expertengruppe konstituiert sich derzeit – mehr dazu in Missbrauch im Heim: Kommission formiert sich. Die Kommission soll Unterlagen sichten und die historische Aufarbeitung vertiefen. Eine erste, wahllose Sichtung der noch vorhandenen Akten hatte ergeben, dass die Löhne für Arbeitsleistungen der Jugendlichen mit hoher Wahrscheinlichkeit in Form von Taschengeld und Sparbüchern weitergegeben worden seien.

Horst Schreiber

ORF

Historiker Horst Schreiber

Historiker: Umgehung war Absicht

Die „legale Umgehung der Sozialversicherungspflicht“ durch private und staatliche Unternehmen (Kasernen, Krankenhäuser) hatte der Innsbrucker Historiker Horst Schreiber 2010 in seinem Buch „Im Namen der Ordnung“ beschrieben und im Interview mit dem „Standard“ wiederholt. Firmen wie Darbo, Swarovski oder Eglo bekannten sich erst durch jüngste Berichte Betroffener zur früheren Praxis, leisten teilweise Entschädigungen – mehr dazu in Darbo entschädigt Heimzöglinge.

Misere auch in Bundesanstalten: „Endstation“

Oberösterreich übernimmt Pensionsbeiträge, nicht so der Bund. Scheiber forderte den Bund zum Handeln auf. Entschädigungsforderungen für Bundeserziehungsanstalten würden immer noch nicht anerkannt. In Wiener Neudorf oder Kaiser-Ebersdorf hätten brutale Zustände geherrscht. „Diese Heime waren für Jugendliche die absolute Endstation“, wurde Scheiber zitiert.