Ausgrabungsende in Haller Psychiatrie

Nach knapp acht Monaten sind jetzt die Ausgrabungsarbeiten auf dem früheren Friedhof der Psychiatrie in Hall beendet worden. 228 Bestattungen wurden gefunden und 221 Skelette geborgen. Für Rätsel sorgen festgestellte Verletzungen, die nicht unmittelbar zum Tode führten.

NS-Opfer:  Gräberfeld Hall

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50 Prozent der Opfer stammen aus Tirol, 20 Prozent jeweils aus Vorarlberg und Südtirol und der Rest aus anderen Bundesländern sowie dem Ausland.

Die ursprünglichen Zahlen hätten sich verfestigt und es sei gelungen, die Toten zu identifizieren, sagte der Anthropologe George McGlynn bei einer Pressekonferenz am Montag: „Wir haben bereits ein Drittel der Skelette näher untersucht. Von diesen weist die Hälfte Rippenbrüche auf, die nicht in den Krankenakten notiert wurden.“

Aufgrund erster Ergebnisse sind sich die Wissenschaftler einig, dass die meisten Rippenbrüche, die bei den Skeletten vorhanden waren, während der Behandlung in Hall zugefügt wurden. McGlynn geht davon aus, dass die Verletzungen aus Gewalteinwirkungen resultierten: „Ich bezweifle aber, dass sie unmittelbar zum Tode führten“, ergänzte McGlynn. Neben Rippenbrüchen habe man auch Nasen- und Schlüsselbeinbrüche festgestellt, die ebenfalls nicht dokumentiert worden seien.

Ausschließen können die Experten inzwischen, dass die vertuschten Verletzungen durch damals übliche Therapieformen wie Elektroschocks oder Insulininjektionen verursacht worden waren.

NS-Opfer:  Gräberfeld Hall

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Nach außen hin ist es ein geordnetes Gräberfeld

Euthanasie nicht nachweisbar

Ob die Menschen der NS-Euthanasie zum Opfer fielen, habe man bisher noch nicht nachweisen können, sagte der Historiker Oliver Seifert: "Ich trau mich das noch nicht zu sagen. Unter Euthanasie versteht man das bewusste Umbringen. Um das nachzuweisen, bedarf es noch vieler Untersuchungen“, so Seifert. Für ihn würden die Rippenbrüche in die Kategorie „Psychiatrie und Gewalt“ fallen.

Personelle Kontinuität nach 1945

In der nunmehr beginnenden wissenschaftlichen Aufarbeitung konzentriere man auf die Untersuchung im Labor sowie auf die Auswertung der Gebeine. Zudem wolle man nach dem damaligen Personal der Anstalt forschen. Dabei spiele auch die „personelle Kontinuität nach 1945“ eine wichtige Rolle, hieß es.

Die wissenschaftliche Aufarbeitung soll bis zum Jahr 2013 abgeschlossen sein.