Erschütternde Details im Fall Nadina

Die Arbeiterkammer hat am Mittwoch eine neue Stellungnahme im Fall Nadina präsentiert. Darin enthalten sind zum Teil erschreckende Details, was bei der Operation des Babys 2008 schiefgelaufen ist. Nadina ist seitdem behindert.

Wegen eines Leistenbruches operiert

Der Fall Nadina, das heute vierjährige Mädchen aus Kufstein, wird noch lange nicht zu den Akten gelegt. Dafür will jedenfalls die Tiroler Arbeiterkammer sorgen. Wie berichtet war Nadina als Baby 2008 an der Innsbrucker Klinik wegen eines doppelten Leistenbruches operiert worden. Seit diesem Eingriff ist Nadina schwerst behindert.

TILAK: Ärzte trifft keine Schuld

Die TILAK (Tiroler Landeskrankenanstalten) hat jedes schuldhafte Verhalten ihrer Ärzte bisher immer zurückgewiesen. Die Tiroler Arbeiterkammer präsentierte am Mittwoch aber eine Stellungnahme des mit dem Fall betrauten deutschen Fachgutachters Jochen Strauß. Er kommt zu einem ganz anderen Schluss.

Der Gutachter, der vom Patientenentschädigungsfond beauftragt wurde, widerlegt in seiner Stellungnahme die Darstellung der damals behandelnden Ärzte und listet eine ganze Kette von fatalen Fehlern auf, die seiner Fachmeinung nach, während der Operation des Babys unterlaufen sind:

Stellungnahme des Gutachters Jochen Strauß

  • Für einen Zeitraum von mehr als 50 Minuten hat keine Kreislaufüberwachung stattgefunden.
  • Die Anwendung des Medikamentes Ultiva erfolgte außerhalb der Zulassung.
  • Die Injektion von Propofol in bereits tiefer Narkose war nicht indiziert, zudem war die Dosis zu hoch.
  • Der Einsatz des Medikamentes Atropin erfolgte ohne eine sichtliche Indikation außerhalb der Zulassung und war überdosiert.
  • Die Infusionslösung war ungeeignet, bereits seit 2006 nicht mehr empfohlen und dazu überinfundiert.
  • Die klinische Symptomatik und die Laborwerte sprechen für ein Hirnödem durch eine solche Infusion.
  • Das Kind war bereits im Aufwachraum neurologisch auffällig. Notwendige Untersuchungen wurden unterlassen. das Kind wurde zu spät auf die Intensivstation gebracht.
  • Auch auf der Intensivstation wurden notwendige Untersuchungen unterlassen. Die kritischen Abfälle der Sauerstoffsättigung wurden erst am nächsten Morgen behandelt.
  • Auch von strukturellen und organisatorischen Problemen an der Innsbrucker Klinik ist in der Stellungnahme die Rede. (Auszug aus der Stellungnahme des Gutachters Jochen Strauß)

Staatsanwaltschaft ermittelt

Nach Ansicht der Tiroler Arbeiterkammer (AK), die die betroffene Familie rechtlich betreut, weitet sich der Fall Nadina weiter aus. Für die AK gibt es nicht nur die zivilrechtliche Klage der Familie gegen die TILAK, sondern auch eine strafrechtliche Komponente. Die Stellungnahme des Gutachters Strauß wurde umgehend an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Dort laufen Ermittlungen wegen fahrlässiger Körperverletzung.

TILAK will Klärung des Falles

In einer Reaktion auf die neue Beurteilung des Falles, die auch der Innsbrucker Klinik vorliegt, heißt es: Die TILAK bedauere diesen tragischen Vorfall außerordentlich. Sie arbeite weiterhin mit der Staatsanwaltschaft zusammen, damit es im Sinne der Familie möglichst bald zu einer vollständigen Klärung der Geschehnisse kommt. Darauf wartet die Familie nun seit über drei Jahren.