Frau und Apparaturen auf pathologischem Institut
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Chronik

Uniklinik: Groteske Situation der Pathologie

Seit 2018 gibt es an der Innsbrucker Klinik aufgrund eines Konflikts zwei pathologische Institute. Während das Institut der tirol kliniken Zigtausende Befunde an sich zieht, darbt das Institut der Medizinischen Universität vor sich hin. Das wirkt sich auf Ausbildung und Forschung negativ aus.

Der Rektor der Medizinischen Universität, Wolfgang Fleischhacker, nennt die Situation „katastrophal“. Man könne den Studierenden die Pathologie nur durch die tagtägliche Routine in diesem Fach näherbringen, „von der Forschung gar nicht zu sprechen, die praktisch verunmöglicht ist“, so Fleischhacker. Ohne Proben, ohne Befunde und ohne Diagnostik gebe es keine Forschung und Lehre – und das auf der universitären Pathologie, die vor wenigen Jahren mit rund siebeneinhalb Millionen Euro inklusive neuer Geräte saniert wurde.

Wolfgang Fleischhacker
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Für den Rektor der Medizinischen Universität, Wolfgang Fleischhacker, eine katastrophale Situation

Auch beim Land sieht man die universitäre Lehre in Gefahr

Die Landessanitätsdirektion schlug vergangenes Jahr in einem Brief ebenso Alarm, die universitäre Pathologie sei de facto nicht mehr funktionsfähig. Sie sieht die universitäre Lehre gefährdet und die Ausbildung auf die Theorie reduziert. Das könne die Behandlungsqualität beeinträchtigen.

Die Vorsitzende des Universitätsrates, Elisabeth Zanon, schlägt in dieselbe Kerbe. So ein Fall sei einzigartig. Es brauche dringend die Bereitschaft der landeseigenen tirol kliniken als Krankenanstaltenträger, sich mit der Universitätsklinik zu identifizieren. Zanon kritisiert in diesem Zusammenhang eine Haltung nach dem Motto „das Kind soll wachsen, aber füttern tun wir es nicht“.

Elisabeth Zanon
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Elisabeth Zanon übt Kritik am Verhalten des Krankenhausträgers

Großes Misstrauen herrscht beim Gegenpart, den tirol kliniken, der Krankenhausträgergesellschaft des Landes Tirol. Die Probleme mit der Pathologie gibt es an der Klinik bereits seit vielen Jahren. 2016 kam es unter der Vorgängerin Fleischhackers zum großen Krach zwischen den tirol kliniken und der Medizinuniversität.

Privatrechtliche Tochter gegründet

Die Klinik musste eine Pathologie quasi aus dem Boden stampfen. Sie gründete die privatrechtliche Innpath GmbH, eine 100-Prozent-Tochter der tirol kliniken. Laut einer internen schriftlichen Anweisung der tirol kliniken haben seither alle Präparate von Patientinnen und Patienten ausnahmslos an die Innpath zu gehen. Eine Nichtbefolgung könnte zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Hände mit Handschuhen bei Arbeit auf Pathologie
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Das Uniinstitut bekommt kaum Proben, das andere hingegen fast alle

„Vertrauen ist irritiert“

Die Innpath wiederum schickt bestimmte Proben bei Bedarf außer Landes, obwohl man eine Universitätspathologie direkt an Ort und Stelle hätte. Nicht alle halten sich daran, vereinzelt gehen Proben an die universitäre Pathologie. Könnte man diese Anweisung nicht wenigstens aufweichen, lautet die Frage an den medizinischen Geschäftsführer der tirol kliniken, Christian Haring. Die Versorgungsverantwortung liege in den Händen der tirol kliniken, so Haring. Man wolle gerne wissen, wer, wo und was befundet, „das ist das einzige Begehren, das wir haben, einen Überblick über die Befundungsleistungen im Rahmen der tirol kliniken zu haben. Das Vertrauen ist tatsächlich irritiert“, so Haring.

Christian Haring
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Christian Haring, medizinischer Geschäftsführer der tirol kliniken, spricht von einem irritierten Vertrauen

Anlauf zu Kooperation im Sand verlaufen

2020 hatte man sich schon einmal auf eine Kooperation geeinigt. Es wurden Zigtausende Euro in eine Mediationsfirma gesteckt. Heraus kam eine gemeinsame Erklärung, ein „Letter of Intent“ zwischen Land Tirol, tirol kliniken und Medizinuni mit einem konkreten Projektauftrag. Das Ergebnis: Man wolle die Kräfte bündeln und ein gemeinsames klinisches Institut für Pathologie gründen. Passiert ist seither kaum etwas.

Gespräche wieder aufgenommen

Diese Kooperationsbemühungen wurden kürzlich wieder aufgenommen. Es gab immerhin zwei Gespräche, auch mit Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele (ÖVP). Die tirol kliniken bekunden Willen, und ein kleines Pflänzchen der Hoffnung keimt auch bei Rektor Fleischhacker. Kommt keine Einigung zustande, bleibt die universitäre Pathologie ein Patient mit teuren Dauerschäden.

Liste Fritz: Einiges läuft schief

Von Andrea Haselwanter-Schneider, Landtagsabgeordnete der Liste Fritz, heißt es, die tirol kliniken und der damals zuständige Landesrat Bernhard Tilg (ÖVP) hätten sich ein eigenes Pathologieinstitut eingebildet und die universitäre Pathologie ausgehungert. „Seit Jahren stehen deshalb Räumlichkeiten leer, die auch das Land Tirol mitbezahlt und finanziert hat“, so Haselwanter-Schneider. Forschung und Lehre im Bereich Pathologie würden seit Jahren fast vollständig brachliegen, „was für einen international renommierten Universitätsstandort wie Innsbruck ein Armutszeugnis darstellt“, so die Liste-Fritz-Abgeordnete.

Die Innpath sei seit Jahren ein Fall für den Rechnungshof und eine umfassende Überprüfung. „Wenn die Proben derzeit durchs ganze Land geschickt werden müssen, damit Patienten dann erst nach Wochen zu ihren Befunden kommen, scheint einiges schiefzulaufen“, so Haselwanter-Schneider.