Leonore Gewessler
picturedesk/SEPA.Media/Martin Juen
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Politik

Gewessler hält an Transit-Maßnahmen fest

Verkehrs- und Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) will an den Tiroler Anti-Transitmaßnahmen nicht rütteln. Das betonte sie am Donnerstag vor der Ratssitzung der EU-Verkehrsminister am 1. Juni in Luxemburg. Trotz eines anstehenden Vorstoßes von Italien und Deutschland wolle sie an den Maßnahmen festhalten.

„Die Tiroler Maßnahmen schützen die Menschen vor Ort. Und so lange das notwendig ist, bleiben sie“, erklärte Gewessler gegenüber der APA am Donnerstag. Diese Position werde sie ihren Kolleginnen und Kollegen bei dem Treffen „klar mitgeben“, kündigte die Ministerin an und meinte: „Das ist im Übrigen auch unsere EU-rechtliche Verpflichtung“. Die Belastungsgrenze für die Tiroler Bevölkerung entlang der Brennerachse sei „bereits überschritten“.

Laut einem Bericht der „Tiroler Tageszeitung“ will Italiens Verkehrsminister Matteo Salvini (Lega) zusammen mit dem deutschen Amtskollegen Volker Wissing (FDP) bei der Sitzung am 1. Juni den „freien Warenverkehr entlang der Brennerautobahn“ einfordern. Unter dem vorläufigen Tagesordnungspunkt „Sonstiges“ würden die Delegationen beider Länder die Amtskollegen zum freien Warenverkehr entlang der Brennerautobahn „informieren“ wollen.

Italien will Vertragsverletzungsverfahren

Salvini agitiert seit Monaten mit Drohgebärden und heftiger Kritik gegen die Tiroler Anti-Transit-Maßnahmen an. Er forderte die EU-Kommission sogar offiziell auf, deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten. Seinen deutschen Amtskollegen Wissing hatte er mit im Boot, was die Kritik an Fahrverboten und transiteinschränkenden Maßnahmen betrifft – mehr dazu in Nach Transit-Gipfel: Salvini bleibt hart.

Lkw-Kolonne auf der Autobahn
ORF
Tirol, Südtirol und Bayern sprachen sich zuletzt für ein „Slot-System“ als Lösung für die Transit-Belastung aus

Gewessler redete am Donnerstag unterdessen einmal mehr dem von Bayern, Tirol und Südtirol zuletzt politisch paktierten „Slot-System“ mit buchbaren Lkw-Fahrten das Wort. Mit diesem liege jetzt „ein Vorschlag auf dem Tisch, der von den Regionen mitgetragen wird.“ Österreich werde sich jedenfalls am Verhandlungstisch – wie bisher immer – weiter konstruktiv verhalten – „und wir reden auch weiter.“

Tirol, Südtirol und Bayern für „Slot-System“

Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) lobbyierte indes dieser Tage in Brüssel für die Tiroler Transit-Anliegen. Und bewarb eifrig das Lkw-„Slot-System“, etwa bei einem Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn, an dem auch Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) teilnahm. Auch Vorarlbergs LH Markus Wallner (ÖVP) war zugegen.

Mit der „Kufsteiner Erklärung“, in der das „Slot-System“ als Ziel paktiert worden war, hätten Bayern, Tirol und Südtirol ein „starkes Signal“ gesetzt, so Mattle, der auf den benötigten Staatsvertrag drängte. Das Lkw-Verkehrsmanagementsystem stelle eine „eine echte Chance für die aktive Transitlenkung dar, die zwischen Österreich, Deutschland und Italien nicht ungenutzt bleiben darf.“

EU-Flaggen vor der EU-Kommission in Brüssel
ORF.at/Peter Prantner
Am 1. Juni kommen die Verkehrsministerinnen und -minister der Europäischen Union bei einer Ratssitzung in Luxemburg zusammen

Für ein „Slot-System“ bzw. ein digitales, grenzüberschreitendes Verkehrsmanagement braucht es einen Staatsvertrag zwischen Österreich, Deutschland und Italien. Salvini zeigte sich bisher jedoch strikt ablehnend – er will erst darüber reden, wenn die transiteinschränkenden Maßnahmen und Fahrverbote aufgehoben werden. Auch Deutschland reagierte sehr reserviert.

Mattle fordert Unterstützung von EU

Gleichzeitig kritisierte der Landeschef Italien. Die trilateralen Verhandlungen zwischen Österreich, Deutschland und Italien seien zuletzt durch „blockierende Haltungen Italiens“ geprägt gewesen, sagte Mattle in einer Aussendung. Gleichzeitig mahnte der Landeshauptmann „EU-Unterstützung“ ein. Als übergeordnetes Ziel müsse man „gemeinsam an der Verlagerung von der Straße auf die Schiene arbeiten.“

Florian Riedl, Verkehrssprecher der Tiroler Volkspartei, bezeichnete die Klagsdrohung Italiens in einer Aussendung als „utopisch“. Salvini versuche damit, die Entlastung der Bevölkerung zu „torpedieren“. „Wir werden definitiv an den Tiroler Notmaßnahmen im Transitverkehr festhalten, solange es keine europäische Lösung für das Verkehrsproblem gibt“, meinte Riedl.

FPÖ-Chef Abwerzger sieht „Chance“

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger sah die Widerstände aus Italien als „große Chance für die transitgeplagte Tiroler Bevölkerung“. Nach „jahrelangem Stillstand“ unter der vorherigen schwarz-grünen Landesregierung sei die Transitproblematik nun die „Causa Prima auf der EU-Agenda“, konstatierte Abwerzger in einer Aussendung.

Endlich müssten sich Rat und EU-Instanzen mit dem „jahrzehntelangen Leid der Tirolerinnen und Tiroler ernsthaft auseinandersetzen.“ Sollte die EU keine weitreichenden Entscheidungen treffen, müssten Tirol und Österreich allerdings „alleine und effizient“ Maßnahmen gegen den steigenden Schwerverkehr treffen, verlangte der FPÖ-Landesparteiobmann.