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APA/BARBARA GINDL
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Verkehr

Deutscher Bahnstreik mit Folgen für Tirol

Mit einem 50-stündigen Warnstreik will die Eisenbahn-und Verkehrsgewerkschaft den deutschen Bahnverkehr ab Sonntagabend weitgehend lahmlegen. Die ÖBB machen aufmerksam, dass die Ausfälle gravierender sein werden und bitten auf Reisen, wenn möglich, zu verzichten.

Von 22.00 Uhr bis Dienstagnacht um 24.00 Uhr soll im Fern-, Regional- und Güterverkehr auf der Schiene nichts mehr gehen, wie die EVG am Donnerstag mitteilte. Die Streiks werden Züge von und nach Österreich und Verbindungen zwischen Salzburg und Tirol über das Deutsche Eck zum Erliegen bringen, so die die ÖBB.

Infos der ÖBB

Die Detailinformationen über betroffene Verbindungen werden laufend über die Homepage oebb.at bzw. die ÖBB Fahrplanauskunft SCOTTY aktualisiert.

Lange Staus im Güterverkehr erwartet

„Die Auswirkungen und Ausfälle werden diesmal gravierender und länger andauern als bei den letzten Streiks in Deutschland“, warnen die ÖBB. Alle betroffenen Reisenden werden gebeten, auf nicht notwendige Fahrten zu verzichten oder auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen.

Mit dem deutschlandweiten Warnstreik will die Gewerkschaft den Druck auf die Arbeitgeberseite im laufenden Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnbetrieben erhöhen. „Gerade bei einem 50-Stündigen Streik ist das natürlich sehr ärgerlich für die Fahrgäste“, sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay am Donnerstag in Köln. „Aber wir müssen in dieser Länge streiken, weil wir dann einfach auch stärkere wirtschaftliche Auswirkungen haben und dadurch den Druck erhöhen können.“ Insbesondere im Güterverkehr würden lange Staus entstehen, die den wirtschaftlichen Druck erhöhten.

Der Innsbrucker Hauptbahnhof streikbedingt ohne Menschen
Zeitungsfoto.at
Die ÖBB bitten ihre Fahrgäste zwischen Sonntagabend und Dienstag bis 24.00 Uhr von Zugreisen über das deutsche Eck Abstand zu nehmen.

Kein Verständnis des Personalvorstands

Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, kritisierte den angekündigten Arbeitskampf am Donnerstag als „irrsinnig“ und „restlos überzogen“. „Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung“, teilte er mit.

Die Bahn geht von Sonntagabend an von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. „Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz. Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an.

Dritter bundesweiter Streik

Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.

Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.

Mindestlohn als Knackpunkt

Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2.850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden – um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die zwölf Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.