Plastischer Chirurg Hasenöhrl mit junger Patientin
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Gesellschaft

Schönheit als Social-Media-Spielball

Schönheit ist eine Frage von Social Media geworden. Denn die Bilder und Videos auf Instagram, TikTok und Co. haben oft wenig mit der Realität zu tun. Sie beeinflussen aber fast alle jungen Frauen und Männer. Die Nachfrage nach Schönheitsoperationen geht jedenfalls auch in Tirol nach oben, sagen Experten.

Perfekt sehen viele Gesichter und Körper in den sozialen Netzwerken aus. Mit der Wirklichkeit hat das oft nicht viel zu tun. Aber obwohl man mit Filtern und speziellen Apps sein Aussehen nach Belieben verändern kann, lassen immer mehr und vor allem immer jüngere Menschen plastische Eingriffe an sich vornehmen, sagte der plastische Chirurg Carlo Hasenöhrl im ORF Tirol Interview.

Mit dem gefilterten Handybild zum Chirurgen

„Ich habe schon das Gefühl, dass diese Filter, die man im Internet fast automatisch verwendet, eine große Rolle spielen. Man bekommt da so ein Idealbild vorgezeichnet, das Wunschdenken wird einfach erhöht,“ so Hasenöhrl. Um zehn Jahre ist das Durchschnittsalter seiner Patientinnen und Patienten gesunken. Botox-Anwendungen erleben laut aktuellen Studien in der Altersgruppe der 19- bis 34-Jährigen den größten Anstieg, auch Nasen- und Brustoperationen sind beliebt. Viele Patientinnen und Patienten würden tatsächlich mit Bildern aus den sozialen Netzwerken zu ihm kommen, berichtete der Schönheitschirurg: „Manchmal muss man sie dann aber auf den Boden der Tatsachen herunterholen.“

Matthias Kettemann|Professor für Innovation & Philosophie des Rechts
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Matthias Kettemann, Professor für Innovation & Philosophie des Rechts an der Universität Innsbruck verweist auf negative Folgen des Social Media Konsums

Verzerrte Selbstbilder können in die Depression führen

Zweifelhafte Schönheitsideale haben aber auch neben dem Anstieg an Schönheits-OPs Auswirkungen auf junge Menschen, sagte Matthias Kettemann von der Universität Innsbruck: „Junge Menschen, die gerade erst ihre Persönlichkeit entwickeln, werden konfrontiert mit den Bildern eines perfekten Menschen und an diesen Bildern messen sie sich. Es gibt viele Studien, die nahelegen, dass junge Menschen, die viel in sozialen Netzwerken aktiv sind, eher zu Depressionen neigen und dass sie ein Selbstbild entwickeln, das nicht gesund ist.“

Influencerin Michelle Daniaux
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Die Innsbrucker Influencerin Michelle Daniaux hat bereits Schönheitsoperationen an sich durchführen lassen

Die 25-jährige Innsbrucker Influencerin Michelle Daniaux fühlt sich für ihre Follower jedenfalls nicht verantwortlich, wie sie im ORF Tirol Interview sagte: „Wenn sie minderjährig sind, dann sind das die Eltern und wenn sie volljährig sind, sind sie für sich selbst verantwortlich.“

Online-Sitzungen verstärkten den Schönheitswahn

Laut Hasenöhrl seien die Schönheits-OPs auch durch die Coronapandemie mehr geworden: Bei den Online-Sitzungen sahen sich die Menschen vermehrt selbst am Bildschirm und überlegten offenbar, ob sie nicht besser aussehen sollten.

Die Möglichkeiten auf körperliche Veränderung und bessere Informationen dazu seien grundsätzlich nicht schlecht. Aber wo das noch hinführen werde, will sich selbst der plastische Chirurg Hasenöhrl nicht vorstellen: „Ich fürchte mich eigentlich vor dem Tag, an dem wir zum plastischen Chirurgen gehen wie zum Friseur.“