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Wirtschaft

Ebbs: Streit um geplantes Gewerbegebiet

Ein geplantes Gewerbegebiet sorgt in Ebbs für Aufregung. Auf einer landwirtschaftlichen Vorsorgefläche und zwischen Wohngebieten will eine ortsansässige Firma einen größeren Firmensitz bauen. Der Gemeinderat hat dazu bereits den Weg geebnet. Die Anrainerinnen und Anrainer protestieren vehement dagegen.

Die Fronten sind verhärtet und die Liste an gegenseitigen Vorwürfen lang. Von Hinterzimmer-Politik, Korruption und einem Gefälligkeitsgutachten ist bei einem Lokalaugenschein im Ebbser Weiler Oberweidach die Rede. Um die 25 Nachbarinnen und Nachbarn haben sich hier versammelt, um ihren Protest kundzutun. Sie befürchten mehr Lärm, mehr Staub und mehr Gefahrenpotential. 400 Menschen wären in den Siedlungen betroffen. Außerdem setzen sie sich grundsätzlich dafür ein, dass die in der Raumordnung geschützte Fläche erhalten bleibt: „Es kann doch nicht sein, dass man eine unter Schutz gestellte Fläche als Gewerbegebiet nutzt und in der heutigen Zeit einen Hektar zubetoniert“, sagt die Anrainerin Monika Berchtold.

Gewerbegebiet Ebbs
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Anrainer protestieren vor besagter Fläche gegen das Gewerbegebiet.

Platzmangel belastet Firma

Insgesamt sind es über 10.000 Quadratmeter, auf denen der Landmaschinenhändler Pichler seinen neuen Firmenstandort bauen will. Der Traditionsbetrieb ist seit seiner Gründung 1935 direkt im Ortszentrum angesiedelt. Seit Jahren gebe es zu wenig Platz, sagt der Geschäftsführer Thomas Pichler Senior: „Wir verwenden die meiste Zeit, um Dinge herumzustellen und räumen hin und her. Gutes Arbeiten ist nicht mehr möglich.“

Außerdem befindet sich der Betrieb an einer vielbefahrenen Kreuzung, die aufgrund der Unfallhäufigkeit laut Vorgabe der BH Kufstein schon seit längerem entschärft werden sollte. Auch das ist aber nur möglich, wenn die Firma Pichler weicht. Regelmäßig würde es zu Unfällen kommen: „Da sind uns Autos auch schon direkt ins Geschäft gefahren. Es ist teilweise wirklich gefährlich zu arbeiten“, so Pichler.

Jahrelange Suche nach passendem Grund

Seit sechs Jahren sucht die Firma Pichler nach einem passenden Grundstück. Vor einiger Zeit habe man sich schließlich mit dem Landwirt Sebastian Greiderer geeinigt. Dieser würde 1.000 Quadratmeter selbst für ein Zwei-Mann-Transportunternehmen nutzen, das bisher an seinen landwirtschaftlichen Betrieb angegliedert ist. Für die Anrainer würde sich laut Pichler verkehrstechnisch nicht viel ändern, bereits jetzt würden 80 Prozent der Lkw und Autos zur Firma Pichler an den Siedlungen vorbeifahren.

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Thomas Pichler Senior, Sebastian Greiderer und Thomas Pichler Junior haben sich auf einen Verkauf des Grundstückes im Falle einer Umwidmung geeinigt

Mit dem gemeinsamen Ansinnen sei man schließlich zur Gemeinde gegangen. Der Gemeinderat beschloss Anfang März, beim Land einen Antrag zu stellen, die landwirtschaftliche Vorsorgefläche aus der Raumordnung zu nehmen und so eine Umwidmung zu ermöglichen.

Kritik an „Hinterzimmer-Politik“

Bürgermeister, Firmenchefs und Grundstücksbesitzer betonen, dass alles transparent und korrekt abgelaufen sei. Die Gegenseite vermutet hingegen Freunderlwirtschaft. Denn sowohl bei Greiderer als auch bei Pichler handelt es sich um ehemalige Gemeinderäte. Der Firmenchef ist jahrelanger Parteifreund von Bürgermeister Ritzer. „Dieser Vorwurf ist totaler Schwachsinn“, so Pichler. Auch der Landwirt Josef Greiderer, damals im Gemeinderat in der Opposition, betont, dass nichts im Hinterzimmer passiert sei. Und Josef Ritzer: „Ich schulde weder Greiderer noch Pichler etwas. Ich bin lediglich bemüht, ein Traditionsunternehmen mit 35 Mitarbeitern im Ort zu halten.“

Anrainer befürchten Gefälligkeitsgutachten

Ein weiterer Punkt, an dem sich die Nachbarschaft stößt, ist das Gutachten, das im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung in Auftrag gegeben wurde. Der örtliche Raumplaner wollte das Gutachten nicht erstellen. Daraufhin wurde ein externer Raumplaner damit beauftragt. Dieser untersuchte noch acht weitere optionale Flächen und kam zu dem Ergebnis, dass Oberweidach nicht ideal, unter bestimmten Voraussetzungen aber machbar sei. Alternative Flächen gebe es in Ebbs nicht.

Bürgermeister Ebbs Josef Ritzer
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Bürgermeister Josef Ritzer verteidigt das Vorhaben, die Fläche in ein Gewerbegebiet umzuwidmen

Das bezweifeln die Anrainerinnen und Anrainer. Sie orten ein fehlerhaftes Gefälligkeitsgutachten mit dem gewünschten Ergebnis der Gemeinde. Vorwürfe, die der Bürgermeister vehement zurückweist: „Es ist durchaus üblich, auch externe Raumplaner anzustellen. Und wir wussten bestimmt nicht, was vorher rauskommt.“ Ritzer sieht Oberweidach als kleinsten gemeinsamen Nenner. Er verstehe die Sorgen der Bevölkerung und betont: „Ich bin mit diesem Grundstück nicht verheiratet. Wenn sich ein anderes finden lässt, wäre ich sofort dabei.“ Und auch Pichler sagt: „Wenn die Anrainer verfügbare Grundstücke wissen, sollen sie sich bei mir melden. Ich weiß keines.“

Zukunft der Firma Pichler ungewiss

Der Raumordnungsbeirat des Landes entscheidet in den nächsten Monaten, ob die landwirtschaftliche Vorsorgefläche freigegeben wird. Die Anrainer haben bereits in den vergangenen Tagen zahlreiche Protestemails an Landespolitiker verschickt. Es wurde ihnen zugesichert, dass der Fall sorgfältig geprüft werde.

Kommt diese Fläche schließlich nicht für die Firma Pichler in Frage, sei deren Zukunft ungewiss. Thomas Pichler Senior: „Der nächste Weg ist wahrscheinlich der, dass man die Firma verkleinert und Mitarbeiter abbaut. Und in fünf Jahren sagt: Wir sperren zu.“