Bauarbeiter mit großer Zange
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Wirtschaft

Kartell: Land und NHT sehen sich abgezockt

Das Land Tirol und die Neue Heimat Tirol (NHT) gehen davon aus, durch 2017 aufgedeckte Preisabsprachen in der Baubranche geschädigt worden zu sein. Insgesamt dürfte es dabei um Bauprojekte in der Größenordnung von etwa 70 Millionen Euro gehen.

Im Frühjahr 2017 flog in Österreich ein großangelegtes Baukartell auf. Es kam zu Hausdurchsuchungen bei dutzenden Baufirmen. Ihnen wurden Gebietsaufteilungen und illegale Preisabsprachen vorgeworfen. Die Baukonzerne STRABAG und PORR wurden bereits vom Kartellgericht rechtskräftig zu massiven Geldbußen verurteilt. Die STRABAG zahlte 45,37 Millionen, die PORR 62,35 Millionen Euro. Es ging um illegale Preisabsprachen im Zeitraum von 2002 bis 2017.

Bundesweit über 2.000 Bauvorhaben betroffen

So haben laut Wettbewerbsbehörde beispielsweise die beteiligten Unternehmen im Vorfeld bei öffentlichen und auch privaten Ausschreibungen die Kalkulationen offengelegt, den abzugebenden Preis vereinbart und den Ausschreibungs-Gewinner festgelegt. Dabei kam es zu überhöhten Baupreisen und damit stehen die Firmen im Verdacht, bei öffentlichen Bauaufträgen auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler massiv geschädigt zu haben. Die Bundeswettbewerbsbehörde spricht derzeit von über 2.000 Bauvorhaben in ganz Österreich, bei denen es zu Absprachen gekommen sei.

Beim Land vor allem Tiefbauprojekte betroffen

Betroffen ist auch Tirol. Wie jetzt bekannt wurde, durchforsten das Land und die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Neue Heimat Tirol (NHT), die dem Land und der Stadt Innsbruck gehört, ihre Bauaufträge aus der Vergangenheit im Zusammenhang mit STRABAG und PORR. Landesamtsdirektor Herbert Forster geht von einem Schaden für das Land aus. Es sei nicht unentscheidend, dass das Kartellverfahren ganz deutliche Hinweise enthalte, dass man dem Grunde nach Ansprüche habe. Hauptbetroffen sei der Tiefbau. Man gehe für diesen Zeitraum von einem Volumen von etwa 30 Millionen aus. Allerdings ist das eine komplexe Rechenaufgabe. Österreichweit sei man bereits mit sämtlichen Gebietskörperschaften in Absprache, so Forster. Man müsse die Baulose, Auftragssummen und Preise vergleichen.

Ein Baucontainer mit der Aufschrift Porr
APA/Roland Schlager
Neben dem Baukonzern PORR ist auch die STRABAG ins Visier des Landes wegen möglicher Schäden durch Preisabsprachen gekommen

NHT sieht Projekte im Volumen von 40 Millionen betroffen

Um Bauprojekte in der Höhe von etwa 40 Millionen gehe es bei der Neuen Heimat Tirol, so Geschäftsführer Hannes Gschwentner. Man habe mit diesen Firmen „aufklärende Gespräche“ geführt und sei immer noch dabei, diese Gespräche zu führen. Man müsse davon ausgehen, dass auch Bauprojekte der NHT in diesen Wettbewerbsabsprachen involviert waren, so Gschwentner.

Firmen geben sich kooperationsbereit

STRABAG wie PORR zeigten sich auf ORF-Nachfrage kurz angebunden. Schriftlich hieß es von der STRABAG: „Es war zu erwarten, dass öffentliche Auftraggeber infolge der kartellgerichtlichen Entscheidung gegen Unternehmen der Baubranche, u.a. auch STRABAG, prüfen, ob ihnen Schäden aus wettbewerbswidrigen Handlungen entstanden sind. Sollte in diesem Zusammenhang an STRABAG herangetreten werden, sind wir darauf vorbereitet und werden uns mit der Prüfung etwaiger Ansprüche gründlich befassen.“

Von PORR heißt es: „Die PORR hat von Beginn an mit allen Behörden kooperiert und an der Aufklärung mitgewirkt. Das gilt auch für die Feststellung von eventuell durch das Kartell verursachte Schäden.“

Weitere Ermittlungen laufen noch

Durch die Kooperation fiel die Geldstrafe bei beiden Firmen milder aus. Die Bundeswettbewerbsbehörde kann eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes beantragen. Die Causa „Baukartell“ dürfte noch lange nicht beendet sein. Gegen eine Mehrzahl der beteiligten Unternehmen laufen laut Bundeswettbewerbsbehörde die Ermittlungen noch. Es könnte auch in Tirol noch die eine oder andere Überraschung zu Tage treten.