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Politik

Acht Millionen Schulden bei der GemNova

Der am Dienstag präsentierte Prüfbericht für die GemNova hat ergeben, dass das Dienstleistungs-Tochterunternehmen des Gemeindeverbands acht Millionen Schulden hat. Für das finanzielle Überleben benötigt das Unternehmen demnach dreieinhalb Millionen Euro, heißt es. Der Geschäftsführer muss jedenfalls den Hut nehmen.

Vor fünf Wochen wurde eine Steuerberatungskanzlei damit beauftragt, Licht in das Firmengeflecht der GemNova zu bringen – mehr dazu in Kontroversen um GemNova verschärfen sich. Im Zuge der Diskussionen wurde bereits eine zusätzliche kaufmännische Geschäftsführung für das Tochterunternehmen des Tiroler Gemeindeverbands ausgeschrieben – mehr dazu in Zusätzliche Geschäftsführung für GemNova.

Am Dienstagnachmittag wurden schließlich die Ergebnisse der Finanzprüfung den Spitzen des Gemeindeverbands präsentiert. Demnach hat die GemNova aktuell einen Schuldenstand von acht Millionen Euro auf. Bereits die Bilanz für 2021 hatte Schulden in Höhe von 4,9 Millionen Euro ausgewiesen. Nur durch eine Patronatserklärung des Gemeindevebands konnte eine formale Überschuldung damals verhindert werden. Wie der Vizepräsident des Gemeindeverbands, der Telfer Bürgermeister Christian Härting, erklärte nach der Krisensitzung am Dienstag, dass für ein Weiterbestehen der GemNova unbedingt das Land benötigt werde. Gleichzeitig erklärte Härting, dass der bisherige GemNova-Geschäftsführer Alois Rathgeb seinen Posten räumen muss.

Ursachen dürften im raschen Wachstum liegen

Die GemNova wurde 2010 vom Gemeindeverband gegründet, um vor allem kleineren Gemeinden bessere Preise durch zentralen Einkauf und günstigere Dienstleistungen anzubieten. Die Aufgabenbereiche reichen laut eigenen Angaben von Infrastruktur über Gemeindeentwicklung bis zu Beschaffung und Kommunikation. Mittlerweile hat die GmbH mehrere Tochterfirmen und damit insgesamt rund 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Zum GemNova-Firmennetz gehören etwa die Bildungspool Tirol als gemeinnützige GmbH, eine Akademie für Aus- und Weiterbildung sowie eine Filmproduktionsfirma.

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Das Dienstleistungsunternehmen GemNova wurde 2010 gegründet und verfügt mittlerweile über mehrere Tochterfirmen

Die Ursachen für die Verluste werden im schnellen Wachstum der Gesellschaft gesehen. Alleine die Rückstände bei Finanzamt und Krankenkasse für die zwei größten Geschäftsbereiche, die Dach-Firma selbst und den Bildungspool, machten im vergangenen Herbst rund 1,6 Millionen Euro aus. Diese Summen werden aktuell in Raten abgestottert.

Kritik aus Gemeinden wegen „Geldbeschaffung“

Für Diskussionen und auch Kritik bei Gemeindevertretern sorgt eine „Geldbeschaffungsmaßnahme“ für die GemNova. Im vergangenen Herbst erhielt das Unternehmen finanzielle Unterstützung über den Gemeindeausgleichsfonds (GAF) des Landes Tirol. Darin zahlen alle Gemeinden ein. Die Landesregierung verteilt die Gelder wiederum.

Konkret ließ die GemNova am 27. September 2022 36 Gemeinden ausrichten, in denen sie Schulassistenz anbietet, dass aufgrund der Coronavirus-Pandemie extreme Mehrkosten angefallen seien. Die Gemeinden sollten diese Mehrkosten zunächst übernehmen, über den GAF werde das Geld jedoch wieder zurückerstattet. In einem Beschluss der Landregierung vom 28. September 2022 wurden die entsprechenden Summen schließlich unter der Bezeichnung „Mehrkosten Schulerhalter“ gewährt.

Die Stadt Innsbruck, die selbst nicht Mitglied im Gemeindeverband ist, zahlte der GemNova die Mehrkosten und bekam so 479.000 Euro über das Land refundiert. Insgesamt kamen auf diese Weise rund 955.000 Euro für die GemNova zusammen, wie aus dem Regierungsantrag hervorgeht.

„Schiefe Optik bei Subventionierung“

Die 36 Gemeinden bekamen jeweils eine Rechnung mit dem Mehrkostenbetrag. Die einzelnen Kosten wurden jedoch nicht im Detail aufgeschlüsselt. Eine Umsatzsteuer wurde auch nicht ausgewiesen, da man dieser nicht unterliege, hieß es in einer Anmerkung.

Auch die Gemeinde Absam sollte knapp über 7.000 Euro abbezahlen. Michael Unterweger, Gemeindevorstand und Obmann der größten Liste, wurde angesichts dieser Verrechnungen misstrauisch. Als Mitglied im Kontrollausschuss wollte er wissen, wie genau sich die Kosten zusammensetzen. Auf Nachfrage habe sich nur eine prozentuelle Aufschlüsselung ergeben. „Das war für mich nicht befriedigend, da normalerweise hinter jeder Rechnung eine genaue Leistung abgebildet werden muss“, sagte er.

Michael Unterweger Absam Gemeindevorstand
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Der Absamer Gemeindevorstand Michael Unterweger bemängelt eine „schiefe Optik“ bei Rechnungslegungen der GemNova

Über die Rückerstattung durch die GAF-Mittel des Landes ist der Gemeinde zwar kein Aufwand entstanden. „Es ist aber interessant, dass ein finanziell angeschlagenes Unternehmen mit Steuermitteln subventioniert wird“, meinte der Absamer Gemeindevorstand. Im Bereich der Freizeitbetreuung sei das sehr sinnvoll. Aber in anderen Geschäftsfeldern stelle sich die Frage, ob diese Förderung nicht wettbewerbsverzerrend sei. Ob es sich dabei um eine mögliche Umgehungsfinanzierung handle, könne er nicht beurteilen. „Es bleibt aber eine schiefe Optik“, so Unterweger. Hier brauche es wohl noch eine genauere Prüfung.

Land: Unterstützung weiter an Bedingungen geknüpft

Bereits am Montag waren erste Eckdaten des Prüfberichts Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) vorgelegt worden. Das Land hatte dem Unternehmen grundsätzlich finanzielle Hilfe zugesagt. Allerdings ist diese an mehrere Bedingungen geknüpft. Dazu zählen etwa Transparenz, eine Restrukturierung des Unternehmens, aber auch mehr Einblick über den Landesrechnungshof und eine Kontrolle durch einen Aufsichtsrat, wie erneut bekräftigt wurde.

Mattle fordert Änderungen bei der GemNova

Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) sagte zu einer Unterstützung für die GemNova, er lasse sich heute nicht auf einen Betrag fixieren, da brauche es noch tieferes Zahlenmaterial. Es gehe darum, die einzelnen Geschäftsbereiche im Detail anzuschauen, so Mattle. Die Bedingung sei nach wie vor eine deutliche Umstrukturierung mit weniger Geschäftsbereichen, die GemNova besitzt derzeit mehrer Tochterfirmen. Außerdem will das Land laut Mattle Mitsprache über einen Aufsichtsrat. Die Dienstleistungsgesellschaft soll demnach weiterbestehen, aber nicht mehr in dieser Form.

Opposition mit scharfer Kritik

Die Grünen verlangten am Dienstag rund um die GemNova endlich Transparenz. Dem Unternehmen „wurden aus verschiedenen Töpfen und unter undurchsichtigen Titeln Geld zugeschanzt“, kritisierte Klubobmann Gebi Mair. Der ehemalige ÖVP-Landesrat Johannes Tratter habe viele Beteiligte dabei im Dunkeln gelassen, wofür die Mehraufwendungen konkret seien. „Dieses Spiel geht offenbar weiter, weil schon wieder über mehr Geld geredet wird, aber die transparente Aufklärung über die bisherige Finanzmalaise weiter fehlt“, so Mair.

Der Tiroler FPÖ-Chef, Markus Abwerzger, forderte in einer Aussendung die Verantwortlichen der GemNova auf, „persönlich die politische Verantwortung für das Finanzdesaster zu übernehmen“. Ein Neustart sei nur mit einer neuen personellen Besetzung möglich. Abwerzger sah es seitens des Landes als „unverantwortlich“, bei einer Beibehaltung der derzeitigen personellen Struktur Millionen in das Unternehmen „zu pumpen“.

Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz, sah in Bezug auf die Transparenz Landeshauptmann Mattle gefordert. Das Landesparlament sei bisher „völlig im Dunkeln gelasssen“, meinte Sint. „Das wäre nicht das erste Mal, dass man hinter verschlossenen Türen und am Landtag vorbei ein Sanierungspaket beschließt und dann den Landtag vor vollendete Tatsachen stellt.“ Es brauche „eine lückenlose Aufklärung und Konsequenzen“. Ansonsten werde es von der Liste Fritz keine Zustimmung zu einem Sanierungskonzept geben, kündigte Sint an.

NEOS fordert Insolvenz

Eine Rettung der GemNova mit mehrstelligen Steuergeldmillionen durch das Land Tirol komme für NEOS nicht in Frage, heißt es von Klubobmann Dominik Oberhofer. Die GemNova habe über die letzten Jahre hinweg zahlreiche private Dienstleistungsbetriebe konkurrenziert und habe Aufträge etwa in den Bereichen Gemeindeentwicklung oder Begleitung in Vergabeverfahren nur deshalb an Land ziehen können, weil sie zu Schleuderpreisen angeboten hat. Oberhofer fordert als Konsequenz eine Insolvenz, dadurch werde ein sauberer Schlussstrich gezogen.