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Wirtschaft

TIWAG: Neuer Anlauf für Kraftwerk-Ausbau

Die TIWAG hat am Montag die Unterlagen für das Ausbauvorhaben für das Kraftwerk Kaunertal bei der zuständigen UVP-Behörde erneut eingereicht. Man habe alle Gutachten durch die neuesten Entwicklungen ergänzt, die geplanten Ausgleichsmaßnahmen überarbeitet und verbessert.

Der Kraftwerksausbau im Kaunertal sorgt seit Jahren für Auseinandersetzungen zwischen der TIWAG und Umweltschutzorganisationen. Zuletzt lag die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) großteils auf Eis. Nach einem Gerichtsurteil zur Ableitung von Wasser aus dem Ötztal zugunsten der TIWAG will der Energieversorger nun einen erneuten Anlauf für das Projekt starten – mehr dazu in TIWAG reicht Kraftwerk Kaunertal erneut ein.

Derzeitige Kraftwerksanlage soll erweitert werden

Aus Sicht der TIWAG ist das Projekt im Kaunertal ein zentraler Baustein, um die Ziele des Landes Tirol und Österreichs hinsichtlich Klimaschutz und Energiewende zu erreichen.

Die derzeitige Kraftwerksanlage soll durch einen zusätzlichen Speicher mit unterirdischem Kavernenpumpspeicherkraftwerk inklusive einer zweiten Unterstufe in Prutz und eines Zubaus beim bestehenden Kraftwerk Imst ausgebaut werden. „In der erweiterten Kraftwerksgruppe können im Endausbau ca. 900 Mio. Kilowattstunden Strom erzeugt und damit der TIWAG-Anteil für die Eigenversorgung in Tirol deutlich ausgebaut werden“, sagte TIWAG-Projektleiter Wolfgang Stroppa.

„Zusätzliche Absicherung im Fall eines Blackouts“

„Der neue Speicher ist als grüne Batterie eine zusätzliche Absicherung im Falle eines Blackouts“, betont Stroppa. Er diene auch dazu, dass der Strom aus Sonnen- und Windenergie gespeichert werden könne, wenn er nicht benötigt werde: „Pumpspeicherkraftwerke ermöglichen dadurch erst den wirtschaftlichen Ausbau von Sonnen- und Windenergie, da sie als großtechnologische Speicher fungieren.“

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Die bestehende Kraftwerksanlage Kaunertal soll erweitert werden

Winterlücke in Strombilanz wird kleiner

Der geplante Speicher im Platzertal hat einen Nutzinhalt von 42 Mio. Kubikmetern Wasser. Der bestehende Stausee Gepatsch fasst hingegen ca. 140 Mio. Kubikmeter. „In Summe können wir damit die Winterlücke in der Strombilanz deutlich verringern, weil durch den zusätzlichen Speicher auch die Stromproduktion bei den unterliegenden TIWAG-Kraftwerken von Prutz über Imst bis Langkampfen speziell im Winter steigt“, so Stroppa.

Nach Angaben der TIWAG wäre für diese Strommenge eine Photovoltaik-Modulfläche von ca. 630 Hektar – so groß wie 980 Fußballfelder – nötig bzw. müssten ca. 167 Windräder errichtet werden.

Umfassende Begleitmaßnahmen geplant

Wie Stroppa erklärte, plane der Stromversorger wie bereits beim Kraftwerksprojekt Kühtai umfassende, ökologische Begleitmaßnahmen. Die wertvollen Flächen, die im Platzertal durch die Aufstauung verschwinden, sollen teilweise an anderer Stelle neu angelegt werden. Zusätzlich sollen andere, neue Flächen renaturiert werden. „Es wird jedenfalls ein vollständiger Ausgleich der Eingriffe erfolgen“, erklärte Stroppa.

Die TIWAG will die Information in den betroffenen Gemeinden verstärken, weil hier zuletzt viel Verunsicherung gestreut worden sei, betonte Stroppa. Auch die beiden Gutachten der Staubeckenkommission zum Bestand sowie zum Erweiterungsprojekt seien dem WWF und dem Verein „Lebenswertes Kaunertal“ in Abstimmung mit der TIWAG vom Amt der Tiroler Landesregierung als zuständige UVP-Behörde vorab zur Verfügung gestellt worden.

WWF bezeichnet Gutachten als hoffnungslos veraltet

Die Umweltschutzorganisation WWF bezeichnete das Gutachten der Staubeckenkommission zur Sicherheitslage in einer Aussendung als hoffnungslos veraltet. Es stamme aus dem Jahr 2013 und beziehe sich fast ausschließlich auf Unterlagen, die von der TIWAG zur Verfügung gestellt worden und teils sogar noch älter seien.

„Ein solches Gutachten als Grundlage für eine vermeintliche Unbedenklichkeit im Jahr 2023 heranzuziehen ist fahrlässig. Weder werden darin die Felsstürze und Rutschungen der vergangenen Jahre noch die massiven Auswirkungen der Klimakrise thematisiert“, kritisiert Gewässerschutzexpertin Bettina Urbanek vom WWF. Der WWF forderte die Landesregierung dazu auf, eine unabhängige Kommission mit der Überprüfung der Naturgefahren im Kaunertal zu beauftragen.

Zerstörung von wertvollen Mooren befürchtet

Der WWF hatte zuletzt erneut eindringlich vor dem Ausbau des Kraftwerks Kaunertal gewarnt. Einer neuen Studie zufolge befinde sich das größte unerschlossene und ungeschützte Moor der österreichischen Hochalpen im Platzertal.

Moore und Feuchtgebiete seien Schatzkammern der Artenvielfalt und hocheffiziente Kohlenstoffsenker, so ein Experte für Moore der Uni Wien, sie gelten als hocheffizient gegen den Klimawandel. Der WWF ortete auch Gefahren durch eine problematische Geologie – mehr dazu in WWF: Instabile Hänge bei Kraftwerksausbau.