Schwendt leeres Geschäft
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Wirtschaft

Jeder fünfte Ort ohne Lebensmittelladen

Rund 60 Gemeinden und damit jede fünfte Ortschaft hat in Tirol laut einer Studie aus dem Jahr 2020 keinen Nahversorger. Zudem steigt die durchschnittliche Größe der Geschäfte seit Jahren kontinuierlich an. Dabei seien kleine „Greißler“ auch als sozialer Treffpunkt für die Gemeinde sehr wichtig.

Seit Mitte November steht der kleine Supermarkt in Schwendt leer, nachdem die bisherige Betreiberin Magdalena Millinger in Pension ging. Eine Nachfolge ist bis jetzt noch nicht in Sicht, obwohl die Gemeinde die Pacht übernehmen würde, das Inventar bereits vorhanden ist und die erste Fuhr an Lebensmitteln im Wert von 25.000 Euro vom Handelspartner übernommen wird.

„Das ist natürlich mit Wehmut verbunden, vor allem auch für die Kunden. Da weiß man, viele sind zu Fuß gekommen, weil sie kein Auto haben. Oder haben einfach für einen kleinen Ratscher vorbeigeschaut“, sagt die bisherige Geschäftsführerin Magdalena Millinger. Und der Schwendter Bürgermeister Jürgen Kendlinger ergänzt: „Es fehlt ja nicht nur das Geschäft allein, ein Nahversorger gehört zum sozialen Gefüge eines Ortes einfach dazu.“

Schwendt Drohnenbild Drohnenaufnahme
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In Schwendt gibt es derzeit keinen Nahversorger. Das nächste Geschäft ist circa zehn Minuten mit dem Auto entfernt.

Großer Lebensmittelbetrieb als Konkurrenz

Dass das Geschäft rentabel bleibt, war speziell am Schluss schwierig. Durch einen neuen, großen Lebensmittelbetrieb in der Nachbargemeinde habe sich der Umsatz um 30 Prozent verringert. Magdalena Millinger konnte sich nur noch eine Mitarbeiterin leisten und stand selber fast immer im Geschäft. Die Arbeitszeiten und das Risiko schrecken Bewerber ab, sagt Kendlinger: „Wir hatten einige Bewerberinnen und Bewerber, eine hat sogar schon ein Gewerbe angemeldet. Aber dann hat sie doch wieder abgesagt, weil ihr das Risiko zu hoch ist.“

Um den Nahversorger in Schwendt zurückzuholen, prüft die Gemeinde derzeit, ob sie selbst als Betreiber tätig werden kann. Sollte sich doch noch ein Kaufmann oder eine Kauffrau finden lassen, übernimmt die Gemeinde die Pacht für das Geschäft.

Durchschnittliche Verkaufsfläche steigt kontinuierlich

Eines der Probleme ist, dass viele Einheimische in größeren Geschäften und dort, wo sie arbeiten, ihre Einkäufe erledigen, sagt Stefan Mair, Gremialobmann des Lebensmittelhandels der Tiroler Wirtschaftskammer: „Das heißt, Lebensmittelbetriebe konzentrieren sich auf bestimmte Plätze und Regionen. Das ist ein Trend der Zeit.“

Einkaufswagen
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Speziell Großeinkäufe werden oft nicht bei kleinen „Greißlern“ gemacht.

Dafür sprechen auch die Zahlen. Die durchschnittliche Verkaufsfläche steigt seit Jahren kontinuierlich an. Seit der Ersterhebung im Jahr 2005 bis zum Jahr 2020 um 62 Quadratmeter. 2020 gab es in etwa jeder fünften Gemeinde keinen Lebensmittelladen.