Zwei Kränze vor dem Mahnmal Reichenau
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Politik

Reichenau: Neues Mahnmal für NS-Opfer

Eine Expertenkommission empfiehlt in ihrem Bericht eine neue Gedenkstätte für die Opfer des früheren „Arbeitserziehungslagers Reichenau“ in Innsbruck. Das bestehende Denkmal sei eines angemessenen Gedenkens an die Opfer und deren Leid nicht würdig.

Im Vorjahr beschloss der Innsbrucker Gemeinderat, die Geschichte des „Arbeitserziehungslagers Reichenau“ von einer Kommission von Expertinnen und Experten aufarbeiten zu lassen und sich mit neuen und vor allem würdigen Gedenkmöglichkeiten auseinanderzusetzen – mehr dazu in Gemeinsames Gedenken an Nazi-Opfer.

Die Expertenkommission bestand aus dem Tiroler Landesarchivdirektor Christoph Haidacher, der Leiterin der Gedenkstätte Dachau Gabriele Hammermann, dem Leiter des Innsbrucker Stadtarchivs Lukas Morscher, Gemeinderätin Theresa Ringler (Für Innsbruck), sowie den Zeithistorikern Sabine Pitscheider, Dirk Rupnow und Horst Schreiber unter dem Vorsitz von Gemeinderätin Irene Heisz (SPÖ).

Blick von Süden auf Teile des Konzentrationslagers in der Reichenau
Stadtarchiv/Stadtmuseum
Im „Arbeitserziehungslager Reichenau“ waren rund 8.500 Personen inhaftiert, von denen mindestens 112 Menschen ermordet wurden.

Die Namen der zumindest 112 Ermordeten liegen nun vor

Dem Bericht der Experten zufolge wurden im „Arbeitserziehungslager Reichenau“ mindestens 112 Menschen ermordet, deren Namen und biografische Details nun erstmals gesammelt vorliegen.

Bisher diente ein im Jahr 1972 errichteter Gedenkstein in der Nähe des ehemaligen Standorts des „Arbeitserziehungslagers Reichenau“ als Mahnmal. Seither finden dort regelmäßig Gedenkfeiern statt, zuletzt eine gemeinsame Kranzniederlegung der Stadt Innsbruck mit Vertretern von Opferorganisationen und der Israelitischen Kultusgemeinde am Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.

Zwei Kränze vor dem Mahnmal Reichenau
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Der Gendenkstein in der Nähe des damaligen Lagers wurde 1972 errichtet

Keine zeitgemäße Erinnerungskultur gegeben

Im Abschlussbericht der Kommission hieß es dazu: „Das Denkmal neben dem Eingang des städtischen Recyclinghofs, das seit 1972 dort steht, ist als historische Errungenschaft und Setzung zu würdigen, entspricht jedoch in keiner Weise mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Erinnerungskultur.“

Die Inschrift sei inhaltlich nicht korrekt, die Ästhetik des Denkmals überholt und der Standort denkbar ungeeignet für die Abhaltung von Veranstaltungen, Exkursionen von Schulklassen und ähnliches. „Vor allem aber ist der aktuelle Ort eines angemessenen Gedenkens an die Opfer und deren Leid nicht würdig.“

Namen aller Toten auf neuem Mahnmal

Nun soll auf Basis des Berichts mit Unterstützung des Landes Tirol eine neue Gedenkstätte entstehen, ein entsprechender Antrag wurde vom Stadtsenat an den Gemeinderat weitergeleitet.

Die Kommission empfiehlt eine zentrale Gedenkstätte an der innseitig gelegenen städtischen Grünfläche in der Nähe des bestehenden Denkmals. Das neue Mahnmal soll alle Namen der Toten enthalten und als hybride Dokumentations-, Lern- und Gedenkstätte dienen, die sowohl mit analogen als auch digitalen Mitteln der Verpflichtung lebendiger und zeitgemäßer Gedenkkultur nachkommen kann. Wetterunabhängige Aufenthaltsmöglichkeiten – beispielsweise für Schulklassen – sollen ebenfalls Teil des neuen Gedenkortes sein.

Kommission empfiehlt Wettbewerb

Für die Planung und Umsetzung der anvisierten neuen Gedenkstätte empfiehlt die Kommission die Ausrichtung eines Wettbewerbs. Auch eine mögliche Integration des bestehenden Denkmals kann laut dem Bericht der Experten evaluiert werden, die endgültige Form der Umsetzung der neuen Gedenkstätte ist abhängig vom Wettbewerbsergebnis.